Neumünster. Mitten im Geschehen soll sich das Publikum wähnen, wenn am Sonntag, 2. Oktober, die Hörspielgruppe der Vicelin-Kirchengemeinde in Neumünster ihr neuestes Stück aufführt: „Die italienische Orgel und ihre Stimmung“ heißt es. In sechs Szenen wollen die Mitglieder der Gruppe ihre Zuhörer mitnehmen auf eine Klang- und Sprechreise nach Italien und Spanien während der Mitte des 18. Jahrhunderts – und daraus ein möglichst spannendes, mitreißendes Erlebnis machen.
Dabei mischen sich wahre und fiktive Elemente zu einer Geschichte, in der es um ein Instrument geht, das heute rund sechs Meter über dem Altar der Vicelinkirche in einem Mauerbogen der Empore steht – und selbst im Verlauf des Hörspiels erklingen wird: die italienische Orgel. Das Hörspiel handelt davon, wie sie geplant und gebaut wurde. Und von dem Schicksal, das die Menschen um sie herum erleben.
So funktioniert das Hörspiel
Ein Hörspiel zu erschaffen – wie funktioniert so etwas? Jeder trage etwas dazu bei, schildert Sabine Scheuermann; etwa bei der Recherche nach spannenden Inhalten und ihrem Verknüpfen. Dann würden die Rollen verteilt, an den Sätzen und Abläufen gefeilt, die Aussprache und Stimme trainiert. „Sich ein neues Thema auszudenken, sich in die Figuren hineinzuversetzen und sie dann zu sprechen oder zu leben – das ist faszinierend“, schwärmt sie, „und macht unglaublich viel Spaß.“
Zwischen Sperrmüll
„Wir stellen uns die Figuren vor, die wir darstellen. Ist er dick? Ist er ein lustiger Typ? Ist er verkniffen?“, schildert ihr Ehemann. Burkhard Weber geht es um den Rollentausch: „Wir tauchen in eine Rolle ein, die wir so im richtigen Leben nicht haben“, erläutert er. Dazu habe man Verbrieftes mit Fiktivem gemischt; Der Reiz liege darin, einmal etwas aus anderer Perspektive zu sehen und als jemand anderer zu handeln.
Bei dem Live-Hörspiel in der Vicelinkirche ist auch der professionelle Geräuschemacher Peter Sandmann zugegen; er sorgt für eine Vielzahl von Geräuschen, mit denen die Handlung untermalt wird. Sein Arbeitsplatz sehe aus, „als wenn er zwischen Sperrmüll sitzen würde“, sagt Manfred Scheuermann und schmunzelt. Ketten aus Metall etwa, auch Truhen, deren Scharniere stark quietschen, außerdem Sand- und Steinböden, eine Wanne voller Wasser, um Geräusche auf dem Meer zu erzeugen, sowie verschiedene Schuhe, mit denen der Geräuschemacher den Gang der Figuren nachahme. Das alles habe eine ganz spezielle Aufgabe, so Scheuermann – und sorge insgesamt dafür, dass das Publikum viel tiefer in die Geschichte eintauchen könnte als beim bloßen Lesen eines Buchs.
Mateu und Manfredini
Weite Teile der Inszenierung spielen in der Orgelwerkstatt eines mallorquinischen Orgelbauers in der Inselhauptstadt Palma, nämlich Mateu Bosch. Per Schiff reist Francesco Manfredini mit seiner Frau zu ihm, um gemeinsam mit dem Handwerker die Baupläne für die Orgel zu entwerfen. Und noch an Bord geht es um Mord und Totschlag – wenigstens träumt Manfredini, ein italienischer Orgelmusiker, von solcherlei Verbrechen.
Liebesgeschichte fehlt nicht
„In der Werkstatt angekommen, wird genau beschrieben, wie so eine Kammerorgel damals gebaut wurde“, erläutert Manfred Scheuermann vom Hörspielteam. Wie werden die Pfeifen gegossen, in welcher Reihenfolge gesetzt und anschließend gestimmt? Es gehe um handwerkliche Details, aber auch festliche Gelage vor malerischer Kulisse – alles garniert mit temperamentvollen Dialogen zwischen den Figuren.
Auch eine Liebesgeschichte rankt sich im Hörspiel um das Grundthema der Orgel: Leon, der Geselle des Orgelbauers, verliebt sich in die Organistin. Eine Organistin – zu dieser Zeit? „Damals durfte keine Frau Orgel spielen, deshalb hat sie sich als Mann verkleidet“, schildert Scheuermann. Diesen Part spricht seine Frau Sabine – sie sorgt als Erzählerin für den roten Faden in der Geschichte.
Wie die Orgel wirklich nach Neumünster kam
Aktuell gehören mehrere Mitglieder der Hörspielgruppe an, neben dem Ehepaar Scheuermann zählen Pastorin Simone Weber, Burkhard Weber, Barbara Intemann-Klingenberg, Elke Timm und Burkhard Weber dazu. Die Gruppe entstand schon 2016 – für die aktuelle Produktion wird sie außerdem von Jochen Korte, Martina Miether und Bosse Martens unterstützt. Karsten Lüdtke, Kantor der Kirchengemeinde, vervollständigt das Team.
Dass die italienische Orgel tatsächlich in die Vicelinkirche kam, hängt eng mit Lüdtke zusammen: Er hatte die Orgel von 1891, die aus der Werkstatt des Orgelbauers Pietro Orsi aus Bologna stammt, vor einigen Jahren in der Hauptkirche San Petronio im Bologna entdeckt und dafür gesorgt, dass das Instrument gekauft, restauriert und in der Empore hoch über dem Altar aufgestellt wurde.
Info
Karten für die Vorstellung am Sonntag, 2. Oktober, um 18 Uhr in der Vicelinkirche am Kleinflecken sind im Kulturbüro der Stadt unter Telefon 04321/942 33 16 sowie direkt an der Abendkasse für zehn Euro (ermäßigt 6 Euro) erhältlich.