Es ist so wichtig wie Herz oder Lunge, und es verfügt über starke Waffen: unser Immunsystem. Es bekämpft Erreger von außen, manchmal aber auch den eigenen Körper. Eine Doku gibt einen Überblick.
Das Mikrobiom, erklärt anhand von vielen unterschiedlichen Lego-Figuren: ein netter Regieeinfall, der in diesem Film allerdings leider die Ausnahme bleibt. Die Doku “Unser Immunsystem – Wächter der Gesundheit”, die Arte am 24. August von 21.45 bis 22.40 Uhr ausstrahlt, gibt einen insgesamt recht braven und schematischen Überblick über die menschliche Krankheitsabwehr.
Und fällt dabei mit einer Bildsprache auf, die in ihrer Uninspiriertheit auch von einer Künstlichen Intelligenz gestaltet sein könnte: mit unzähligen, zigfach variierten Aufnahmen von Sportlern und Sportlerinnen, gerne in Zeitlupe und im Licht der untergehenden Sonne, die die körpereigene Abwehr visualisieren sollen – und stark an herkömmliche Werbeästhetik erinnern.
Hundertfach gesehen sind auch Bilder wie jene vom Besuch der Ernährungsmedizinerin auf dem Wochenmarkt, nachdem diese zuvor “Gemüse, Gemüse, Gemüse!” zur Unterstützung des Immunsystems empfohlen hat. Auf Archivbilder, etwa aus der Corona-Pandemie, verzichtet Regisseurin Larissa Klinker überraschenderweise völlig, obwohl es wiederholt um Covid geht. Das wäre zwar vielleicht auch nicht unbedingt eine originelle Wahl, würde im Gegensatz zu den völlig beliebigen Sportler-Bildern aber immerhin Emotionen transportieren.
Dabei handelt es sich beim Immunsystem um ein zweifellos spannendes Thema, was sich hier bei Aspekten wie der durchaus vielversprechenden Suche nach Immunantworten auf das Thema Krebs zeigt. Die Geschichte von “Patient 0” beispielsweise, dessen Hirnmetastasen sich nach einer experimentellen Immuntherapie durch den Heidelberger Onkologen Dirk Jäger mehr als halbiert haben, fesselt und gibt Hoffnung.
Verblüffend auch die Erkenntnis, welche Faktoren entscheidend sind für die menschliche Immunreaktion: Neben naheliegenden Antworten wie Genetik, Alter, Geschlecht oder Rauchen stellt das Cytomegalo-Virus das fünfte Kriterium dar. Laut Film trägt in Europa jede und jeder zweite das Virus, das zur Familie der Herpesviren gehört, in sich. Wieso dieses eine Virus eine so große Aufmerksamkeit der Abwehrkräfte beansprucht, ist bislang noch unklar.
Schade, dass der Film oft genau dann, wenn es gerade interessant wird, zum nächsten Thema springt, gewissermaßen pflichtschuldig eine Liste abarbeitet, ohne Rücksicht darauf, ob eine Thematik neue Erkenntnisse bietet – oder nicht. Das führt dann dazu, dass manches allzu bekannt erscheint, anderes – Überraschendes – jedoch zu wenig Aufmerksamkeit erfährt.
Zu jener “Liste” gehören etwa das angeborene wie das adaptive, erlernte Immunsystem, der Unterschied zwischen weiblicher und männlicher Krankheitsabwehr, Auto-Immun-Erkrankungen, der Zusammenhang zwischen Immunsystem und Stress, der Einfluss von Ernährung oder die erwähnte Krebsforschung.
Dazu befragt Regisseurin Larissa Klinker Immunologinnen, Kardiologen und Kinderärzte in Deutschland, Frankreich und den USA, stellt aber auch Patienten und Patientinnen vor. Da ist etwa der erst wenige Wochen alte Carlo, der aufgrund eines seltenen Defekts ohne T-Zellen auf die Welt kam und dessen Immunsystem durch eine Blutstammzellentransplantation komplett “ausgetauscht” werden muss. Oder der Junge Eliel, der am sogenannten Bruton-Syndrom leidet: Er kann keine Antikörper bilden, weshalb diese sein Leben lang von außen zugeführt werden müssen.
Fälle wie diese sind interessant, doch schlussfolgert der Film wenig daraus, knüpft aus den zusammengetragenen Informationen auch auf der Ebene des Off-Kommentars keine gedanklichen Verbindungen und lässt es überhaupt an einer überzeugenden Dramaturgie mangeln. So bleibt der Eindruck einer eher didaktischen Fleißarbeit, die zweifellos einen Überblick zum Thema “Immunsystem” gibt – nicht mehr, aber auch nicht weniger.