Ein geschasster Buchhalter entführt die Frau seines Chefs. Als der kein Lösegeld zahlen will, schmieden der Kidnapper und die Gekidnappte gemeinsam einen neuen Plan. Überdrehte Komödie mit dem Ehepaar Sawatzki/Berkel.
“Du hast Dir die Falsche ausgesucht!”, legt sich Evelyn mit ihrem vermummten Entführer an. Und damit hat sie, ohne es zu ahnen, in mehrfacher Hinsicht recht. Nicht nur, dass die gealterte Schönheit ziemlich furchtlos und wehrhaft ist – und damit eine rechte Zumutung für den unerfahrenen Kidnapper. Sie geht auch ihrem betuchten Schönheitschirurgen-Gatten Rob Moser nach 23 Jahren Ehe ein wenig auf die Nerven – weshalb der in der Entführung eine willkommene Möglichkeit sieht, Evelyn loszuwerden.
So sitzen der Kidnapper – es handelt sich um den geschassten Buchhalter Adam (Christian Berkel) aus Mosers Beauty-Firma – und Evelyn (Andrea Sawatzki) plötzlich im selben Boot in der Komödie “Entführen für Anfänger”, die das Erste an diesem Freitag von 20.15 bis 21.45 Uhr ausstrahlt: Beide wollen sich an Rob (Fritz Karl) rächen. Und schmieden deshalb gemeinsam einen neuen Entführungsplan: Diesmal soll es Lene (Hedi Honert) treffen, das neue “Moser-Gesicht” nach Evelyns altersbedingtem Abgang.
Das Fotomodell ist Robs ganzer Stolz – und Objekt seiner Begierde. Also kundschaften Adam und Evelyn, verkleidet als verliebtes Pärchen, das Luxushotel aus, in dem Lene logiert. Belauschen deren Pläne und planen akribisch ihre Entführung. Klar, dass sich das ungleiche Paar – der pedantische, leicht zwanghafte Buchhalter und die von ihrem Luxusleben gelangweilte Gattin – bei der Planung seines kriminellen Vorhabens näher kommt: “Da ist was gerade zwischen uns – spüren Sie das?”, stellt Evelyn mit fast wissenschaftlicher Neugier fest.
Ein wenig erinnert die Konstellation an Peter Bogdanovichs “Is was, Doc?” oder manche Screwball-Komödien der 1930 und 40er Jahre – auch wenn “Entführen für Anfänger” leider Meilen entfernt ist von dem New-Hollywood-Klassiker mit Barbra Streisand und Ryan O’Neal. Ein Paar wider Willen, das sich mit irren Kostümierungen in unmögliche Situationen bringt, eine Story, die mit großer Albern- und Überdrehtheit voranschreitet – gut vorstellbar, dass sich Drehbuchautor Christian Jeltsch von derlei Filmhits hat inspirieren lassen.
Schon klar, dass sich eine deutsche TV-Produktion kaum messen lässt an einem legendären Hollywoodfilm. Und misslungen ist die Sawatzki-Berkel-Komödie keineswegs. Trotzdem hätte man aus dem Stoff mit einem präziseren Drehbuch und einer punktgenaueren Inszenierung (Regie: Hans Hofer) mehr herausholen können.
So gerät mancher Dialog redundant, sitzt nicht jede Pointe und überzeugen auch nicht alle Figuren. Etwa Lene, die – wie sich herausstellt – viel mehr ist als das schöne Werbegesicht eines Beauty-Imperiums. Doch ist es stimmig, dass die idealistische Influencerin sogar mit dem schmierigen Rob ins Bett steigt, um an Informationen über seine Kunstfehler zu gelangen?
Die Hauptfiguren hingegen mögen ihre leicht aufgesetzten Macken haben, werden aber mit so viel Freude an der Sache verkörpert, dass man ihnen gerne zusieht. Das Schauspieler-Ehepaar Andrea Sawatzki und Christian Berkel hat spürbar Spaß an den Verkleidungs- und sonstigen Eskapaden seiner Figuren, und beide spielen ziemlich auf den Punkt.
Der selbstverliebte Schönheitschirurg wiederum ist eine Paraderolle für Fritz Karl, der diese denn auch mit genüsslich zelebrierter Schmierigkeit füllt. Erwähnt sei zudem Jasmin Schwiers als Robs präzise gezeichnete und überzeugend gespielte Assistentin: In ihrer Aufopferung für Chef und Firma und ihrer tapfer-positiven Einstellung hat diese Meggy etwas Erbärmliches und Rührendes zugleich. Dazu kommen eine skurrile Nebenhandlung um Adams unrettbar zum Verbrechen hingezogene Arbeitskollegin Corinna (Michelle Barthel), und eine aufdringliche, Kölsch sprechende Nachbarin.