Im Mai 1898 wurde die Erlöserkirche in der expandierenden Brandenburger Vorstadt in Potsdam geweiht. Damals galt der Bau neben den anderen rund 100 evangelischen Kirchen, die Kaiserin Auguste Victoria, die Ehefrau des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., initiiert hatte, als ihr persönliches soziales und politisches Signal: Die neu entstehenden Gotteshäuser sollten helfen, den religiös-sittlichen Notstand zu überwinden. Für den Bau der Erlöserkirche konnte Gotthilf Ludwig Möckel gewonnen werden, der sich als renommierter Architekt besonders von sakralen Bauwerken einen Namen machte. Für die norddeutsche Backsteingotik hatte Möckel ein besonderes Faible.
Konzert, Marktstände und buntes Treiben
Vom 2. bis 4. Juni wird nun das 125-jährige Kirchweih-Jubiläum der Erlöserkirche mit einem großen Fest gefeiert. Am 2. Juni wird zu einem Konzert für Trompete und Orgel (19.30 Uhr) eingeladen. Am 3. Juni gibt es ab 13 Uhr ein buntes Treiben rund um die Kirche mit besinnlichen und fröhlichen Momenten, ob bei Orgelmusik, Andachten, Kirchenführungen und Marktständen, Puppentheater und lockerem „Liegestuhl-Konzert und natürlich bei kulinarischen Angeboten.
Im Mittelpunkt des Festgottesdienstes am 4. Juni um 11 Uhr steht die Aufführung der Bach-Kantate „Wir danken dir, Gott, wir danken dir“ BWV 29, die von der Potsdamer Kantorei, dem Neuen Kammerorchester Potsdam sowie Solisten unter der Leitung von Ud Joffe musiziert wird. Das Werk, das zur Einführung des neugewählten Stadtrates in Leipzig 1731 erstmals erklang, war eine Auftragsarbeit für Bach. Doch so klingt es nicht. Die Musik gestaltet auf jubelnde, feierliche und kunstvolle Weise Motive, die ein Gemeinwesen zu einem lebenswerten Ort macht. Von Schutz, von Trost und Licht, von guter Orientierung ist die Rede.
Heimat für Menschen und Musica sacra
„Die Erlöserkirchengemeinde ist für viele Menschen in der dicht bewohnten Brandenburger Vorstadt eine Heimat“, sagt Mechthild Metzner, Pfarrerin an der Erlöserkirche. „Auch Einwohner aus ganz Potsdam und darüber hinaus finden den Weg in unsere Kirche, denn sie wissen, dass hier die Musica sacra mit ihren verschiedenen Angeboten einen guten Ort hat.“ Kirchenmusikdirektor Friedrich Meinel und seine Frau Annemarie haben 40 Jahre lang, besonders in schwierigen DDR-Zeiten, ein blühendes kirchenmusikalisches Leben aufgebaut. Vor diesem fürchteten sich die SED-Oberen regelrecht, weil es viele junge Menschen ansprach.
Die Musik an der Erlöserkirche unter der Leitung von Ud Joffe hat laut Pfarrerin Metzner in der Landeshauptstadt einen herausragenden Platz. In der Kantoreischule, in der Potsdamer Kantorei oder in der Spatzen- und Seniorenkantorei „finden Sangesfreudige in jeder Alters- und Anforderungsstufe einen Chor zum Mitsingen und somit gute Möglichkeiten, für die eigene musische Bildung und Entfaltung etwas zu tun“, berichtet sie.