BERLIN – Esapa Patrick unterscheidet sich von den anderen Besuchern der Tagung im Berliner Nobelhotel Maritim. Der Kameruner mischt sich unter die vielen Anzugträger im traditionellen langen Gewand. Auf der Weltkakaokonferenz repräsentiert er die Kakaobauern einer Kooperative in seinem Land. „Die Bauern werden immer ärmer, die Industrie immer reicher“, fasst er die Lage zusammen. Mit seinem Verband der südwestlichen Farmer kämpft er für bessere Löhne. Dabei hat er mit Exporteuren zu kämpfen, die direkt zu den Plantagen gehen. „Sie übergehen die Kooperativen und kaufen die Kakaobohnen direkt vom Feld“, ärgert er sich. Die Kameruner Regierung gehe dagegen nicht vor. „Der Kakaoanbau ist bei uns noch nicht einmal als Beruf anerkannt.“
Nur sechs Prozent für die Landwirte
Um die Armut der Kakaobauern zu bekämpfen, kamen jetzt in Berlin etwa 1500 Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in 60 Ländern zusammen. Es ging darum, den Kakaosektor nachhaltiger zu gestalten. Das bedeutet, die Bauern sollen an dem gewinnbringenden Handel mit Kakao und Schokolade mitverdienen können. Besonders dramatisch ist die Situation offenbar in Westafrika, wo der Großteil des weltweit gehandelten Kakaos herkommt. Kamerun ist dabei ein kleinerer Akteur, das wichtigste Anbauland ist die Elfenbeinküste.
Bislang verdient dort kaum ein Bauer so viel, dass es existenzsichernd ist. Dennoch gibt es gerade dort für viele Menschen kaum andere Möglichkeiten, Geld zu verdienen. So werden Wälder illegal gerodet und Plantagen errichtet. Das hat dramatische Folgen: Ende 2016 führte dies zu einer Überproduktion, die für einen weiteren Preissturz sorgte. Bis heute haben sich die Preise davon nicht maßgeblich erholt. Ein Teufelskreis.
„Da läuft etwas grundlegend schief“, fasst der Geschäftsführer der Internationalen Kakao-Organisation (ICCO), Jean-Marc Anga, zusammen. Ein Diagramm macht die Werteverteilung in der internationalen Kakaowirtschaft deutlich: Danach gingen von den Einnahmen von rund 100 Milliarden US-Dollar im Jahr 2017 nur sechs Prozent an die Landwirte. 15 Prozent wiederum hätten die Verbraucherstaaten, also beispielsweise die USA oder Deutschland, an Steuern aus dem Schokoladensektor eingenommen. Der Rest der Wertschöpfung sei an alle anderen Beteiligten gegangen, an Händler oder weiterverarbeitende Unternehmen. „Einige nutzen ihre Machtposition sehr effizient aus, während andere da ihre Schwierigkeiten haben“, sagt Anga.
Einige Minister der westafrikanischen Staaten, die zu den Hauptanbauländern gehören, äußern sich enttäuscht über die bisherige Nachhaltigkeitspolitik. Internationale Standards wie Rückverfolgbarkeit und Transparenz in der Lieferkette seien nicht erfolgreich gewesen, sagen sie und setzen daher vor allem darauf, in der Region zusammenzuarbeiten.
Eine Art „Opec“ der Kakao-Anbauländer
Ihr Ziel ist eine Art Opec der Kakao-Anbauländer, um mehr Gewicht gegenüber den internationalen Großkonzernen zu bekommen. Es gehe darum, die Entwicklung zu überwinden, die den Bauern als „Spirale in die Hölle“ erscheine, sagt Kameruns Handelsminister Luc Magloire Mbarga Atangana.
Mit Zertifikaten für fairen Handel versuchen internationale Organisationen bislang, die Situation der Bauern zu verbessern. Der Kameruner Esapa Patrick hält das im Prinzip für sinnvoll, beklagt aber, dass die Bauern zunächst viel Geld in die Zertifizierung ihrer Produkte aufwenden müssten. Die Nachfrage nach zertifizierten Kakaobohnen sei aber gering. So werde ein Teil der teuer zertifizierten Ware am Ende doch zum geringeren Weltmarktpreis verkauft.
Zum Abschluss der Weltkakao-konferenz wurde eine „Berliner Erklärung“ verabschiedet, in der Leitlinien formuliert sind, die sich an Wirtschaft und Politik richten. Ziele sind unter anderem ein existenzsicherndes Einkommen für die Kakaobauern, umweltschonender Anbau, die Förderung von Frauen, das Ende der Kinderarbeit, der Zugang zu Krediten für Kleinbauern und deren Schutz vor Marktschwankungen.