Viele behaupten heute, die Lösung für ein Problem zu kennen, und sprechen dem Gegenüber Kompetenz ab – das besorgt die TV-Journalistin Shakuntala Banerjee. Setze sich dieser Trend fort, verliere die Gesellschaft etwas.
Die ZDF-Journalistin Shakuntala Banerjee fordert mehr gegenseitigen Respekt im öffentlichen Meinungsaustausch. “Die Art, wie wir uns die Argumente um die Ohren hauen, trägt nicht dazu bei, in Ruhe zu überlegen, was wir aus dieser Situation machen, in der es viel zu gewinnen und auch einiges zu verlieren gibt”, sagte sie im gemeinsamen Podcast “Vom Großen und Ganzen” (Freitag) der Wochenzeitschrift “Christ in der Gegenwart” und der Katholischen Akademie in Bayern.
Der Leiterin der ZDF-Hauptredaktion “Politik und Zeitgeschehen” bereitet es nach eigenen Worten Sorgen, dass viele Menschen mit dem Anspruch aufträten, die alleinige Lösung für ein Problem zu kennen. Gleichzeitig sprächen sie dem Gegenüber jegliche Kompetenz ab. Demokratie lebe jedoch davon, mit wechselnden Machtverhältnissen umgehen zu können.
“Wenn wir das aufgeben, indem wir sagen ‘Jetzt ist alles vorbei’, sobald jemand an der Regierung ist, der nicht meine politische Farbe hat, dann geben wir alles auf”, sagte die Politikwissenschaftlerin. Diesen Trend verstärkten die Sozialen Medien, die Aufregung belohnten und dazu verführten, dass sich die Lautesten durchsetzten.
Zur Herkunftsnennung bei mutmaßlichen Gewalttätern sagte Banerjee, es gebe in der Bevölkerung zwar ein verstärktes Interesse, informiert zu werden, ob von Flüchtlingen eine besondere Gefährdung ausgehe. Sie halte es jedoch für wichtig, “dass wir dem Reflex nicht immer nachgeben, weil wir sonst schnell in eine gruppenbezogene Berichterstattung rutschen”.
Banerjee bezeichnete sich als “Anhängerin des alten Pressecodex”, wonach die Täterherkunft nur dann genannt werden sollte, wenn sie relevant für das Vergehen ist. Dies ist ihrer Einschätzung nach deutlich seltener der Fall als bei anderen Faktoren: “Meine persönliche Lebenserfahrung ist, dass Straffälligkeit nicht abhängig ist von der Frage, wo man geboren wurde, sondern eher von der Frage, was man in seinem Leben erlebt und mitgemacht hat.”
Die 1973 in Mönchengladbach geborene Tochter einer Protestantin und eines Hindus sagte weiter, Religion spiele zwar keine aktive Rolle in ihrem Leben, dennoch sei sie dankbar für ihre “hinduistische Sozialisierung”, die ein hohes Maß an Toleranz mitbringe.