Alexander Prinz und Friedrich Küppersbusch haben vor der Wahl Forderungen der jungen Generation eingesammelt und die Politik damit konfrontiert. Ein Interview über die Öffentlich-Rechtlichen, Hoffnung und die AfD.
Junge Menschen sind eine vielgesuchte und selten gefundene Zielgruppe. Medien, Politik, Aktivismus: Alle wollen die Generation Z hören und von ihr gehört werden. Doch was beschäftigt junge Menschen wirklich?
Um diese Frage zu beantworten, haben sich zwei zusammengetan, die auf den ersten Blick aus unterschiedlichen Welten stammen: Moderator Alexander Prinz, auf YouTube bekannt als “Der Dunkle Parabelritter”, und TV-Urgestein Friedrich Küppersbusch mit seiner Produktionsfirma Probono.tv. Sie haben vor der Wahl Reporter losgeschickt, um die Stimmen junger Menschen unter 30 einzusammeln und sie zu fragen: Was wünschst du dir? Was macht dir Hoffnung?
Die Antworten sind seit dem Wochenende auf YouTube und bei Funk zu sehen, das die Produktion für den MDR verantwortet hat. Im zweiten Teil, der am Donnerstag erscheint, reagieren Politikerinnen und Politiker der großen Parteien auf die Wünsche der jungen Menschen. Im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) berichten Prinz und Küppersbusch, wie die Idee entstanden ist, was sie überrascht hat und wie die junge Generation ihnen Hoffnung für die Zukunft macht.
Frage: Wie kam die Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden zustande?
Friedrich Küppersbusch: Alex’ Kanal fiel mir auf, weil er die ruppigen Usancen und Formulierungen, also alle kleinen schmutzigen Gesetze, die auf YouTube und anderen Plattformen gelten, nicht nur beherrscht, sondern auch benutzt, um danach eine sachliche Debatte zu führen. 99 Prozent der Kanäle, die so auftreten, haben vorneweg Schrott und dann kommt auch nichts anderes als Fake News und einseitige Propaganda. Ich fand das super sexy, diese neuen Sehgewohnheiten zwar zu bedienen, aber sie eigentlich zu benutzen, um den größtmöglichen Aufschlag für wirklich interessante und facettenreiche Debatten zu finden.
Frage: Wie kam die Idee für das konkrete Format zustande?
Küppersbusch: Die Idee war, nicht die 58. Politikerrunde zu machen, sondern den Menschen eine Bühne zu bieten. Erst nachdem wir merkten, dass das abging wie Zäpfchen, haben wir gesagt, dass man das jetzt eigentlich mal den Mandatsträgern um die Ohren hauen sollte.
Prinz: Der erste Teil des Beitrags ist ohne den zweiten Teil nicht denkbar. Wichtig war auch, dass man eine Message der Hoffnung nicht nur formuliert, sondern auch beweist, dass diese Hoffnung und diese Wünsche auch ankommen. Also haben wir uns stellvertretend auch darum gekümmert, dass die Botschaft überbracht wird.
Frage: Worin bestand denn die Hoffnung für das Format? Und hat sie sich erfüllt?
Prinz: Ich glaube schon. Nach meiner Wahrnehmung sind die Themen, die im Wahlkampf stark sind, nicht die, die die junge Zielgruppe umtreiben. Unsere Hoffnung hat sich erfüllt, weil wir sehr viele sehr differenzierte Meinungen hören, differenzierte Wahrnehmungen der Realität. Ich glaube, dass wir da einen wirklichen Beitrag leisten konnten für die Debattenvielfalt im Wahlkampf.
Frage: Gleichzeitig sagen Sie als Moderator im Video auch, dass Sie es schade finden, das sich so wenige konservative junge Leute vor die Kamera getraut haben. Wie ist das abgelaufen?
Küppersbusch: Wir hatten den Reporterinnen und Reportern die beiden Leitfragen nach Wünschen und Hoffnung mitgegeben und gesagt, nur wenn das gar nicht läuft, können sie an den Schulen, an den Unis und auf den Plätzen auch sagen, dass ein Wunsch ja auch sein könne, dass etwas weg soll. Aber die Menschen wollten vor allem über Kritik an Schule sprechen, am Bildungswesen. Es gab sehr viele kluge Fragen zur beruflichen Zukunft. Es gab aber auch junge Menschen, die gesagt haben: Mit Öffentlich-Rechtlichen reden wir nicht. An die sind wir tatsächlich nicht rangekommen.
Frage: Wie fanden Sie denn die Antworten der jungen Menschen?
Küppersbusch: Ich war beeindruckt von dem großen Wunsch nach Kompromiss, nach Mitte. Das hätte ich von einer angeblich über soziale Medien radikalisierten Jugend definitiv nicht erwartet. Die jungen Menschen sind offenbar bemerkenswert teflonbeschichtet. Die konsumieren das vielleicht, aber ändern deswegen noch lange nicht ihre Meinung.
Frage: Nun gibt es ja sehr viele Formate zur Wahl und auch einige, die versuchen, sich an eine junge Zielgruppe zu richten. Was ist die Besonderheit an Ihrer Idee und was machen Sie anders?
Küppersbusch: Die Besonderheit ist, dass im ersten Teil des Projekts kein einziger Politiker auftaucht.
Prinz: Dazu kommt der positive Ansatz. Auf Social Media sind wir ja im Grunde etwas weniger haarige Affen, die immer darauf reagieren, wo die nächste Gefahr herkommt. Deswegen funktionieren negative Beiträge auf YouTube so gut. Es ist interessant, dass wir mit einem Beitrag, der Hoffnung und Positives verbreitet, nach anderthalb Tagen schon eine Viertel Millionen Aufrufe generiert haben.
Frage: Wie waren denn so die Reaktionen der Politiker auf die jungen Menschen? Können Sie uns da vorab einen kleinen Einblick gewähren?
Küppersbusch: Wertschätzend. Wir wollten die digital reichweitenstärksten Politikerinnen und Politiker. Bis auf eine Ausnahme haben alle zugesagt, also Robert Habeck, Karl Lauterbach, Heidi Reichinnek, Philip Amthor, Muhanad Al-Halak und Sahra Wagenknecht. Nur bei der AfD haben wir uns mit über 20 Anfragen an Alice Weidel, Tino Chrupalla und Beatrix von Storch eine blutige Nase geholt.
Frage: Inwiefern?
Küppersbusch: Mit diesen über 20 Anfragen haben wir es geschafft, zumindest vom Büro von Frau von Storch eine Absage zu bekommen. Für uns ist es extrem wichtig, besonders sorgfältig und einladend zu sein. Das Schöne an unserem Beruf ist, dass wir unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen informieren und miteinander ins Gespräch bringen können. Wenn das boykottiert wird, ist das dramatisch.
Prinz: Der Ansatz dieser Sendung war, dass man sich auf einem neutralen Grund trifft. Jeder bekommt dasselbe Video und hat eine Stunde Zeit, darauf zu reagieren. Es gibt eigentlich keinen Grund, da eine Finte zu erwarten. Jeder, der in diesem Beitrag auftritt, kommt positiv rüber, finde ich. Umso bedauerlicher, dass die AfD gerade diese Möglichkeit nicht genutzt hat, auf demselben Grund zu agieren wie alle anderen auch.
Frage: Zum Schluss drehen wir den Spieß nochmal um. Sie haben junge Menschen nach Hoffnung gefragt. Was macht Ihnen Hoffnung?
Prinz: Auf jeden Fall die O-Töne der jungen Menschen. Da ist so viel produktives Durchschauen von Zusammenhängen, so viel Anpack-Mentalität. Natürlich gab es auch zwei, drei Aussagen, die ein bisschen getrübt waren. Aber die meisten hatten konkrete Forderungen und konkrete Vorstellungen, die zu diesen Forderungen geführt haben. Die wissen, was wie mit ihrem Leben anfangen wollen und was sie brauchen, um diese Ziele zu erreichen.
Küppersbusch: Ich habe parallel zur Arbeit an dem Projekt die ganzen Wahlsendungen abgekriegt und habe mich als Staatsbürger gefragt, ob ich wirklich eine halbe Stunde zu AfD und Migration brauche. Das Format hat mich enorm darin bestärkt, zu sagen: “Ich brauche das nicht”. Und es sind sehr viele Menschen da draußen, die das auch nicht brauchen. Sind wir ganz sicher, dass wir immer radikalisierungsorientierten Journalismus machen müssen?