Artikel teilen:

„Wir haben ein großes Erbe“

Das Gustav-Adolf-Werk (GAW) hilft rund um den Globus evangelischen Minderheiten, ihren Glauben zu leben. Sei es mit dem Bau eines Gemeindehauses in Russland, Schulprojekten in Venezuela, Schulstipendien in Brasilien oder Nothilfeprogrammen in Syrien, dem Libanon und Ägypten. Am kommenden Wochenende treffen sich Freunde des GAW der EKBO im Kirchenkreis Niederlausitz zum 174. Jahresfest und dem Diasporasonntag. Aus diesem Anlass sprach Constance Bürger mit Wolfgang Barthen, Vorstandsvorsitzender des GAW der Landeskirche.

Das Gustav-Adolf-Werk (GAW) hilft rund um den Globus evangelischen Minderheiten, ihren Glauben zu leben. Sei es mit dem Bau eines Gemeindehauses in Russland, Schulprojekten in Venezuela, Schulstipendien in Brasilien oder Nothilfeprogrammen in Syrien, dem Libanon und Ägypten. Am kommenden Wochenende treffen sich Freunde des GAW der EKBO im Kirchenkreis Niederlausitz zum 174. Jahresfest und dem Diasporasonntag. Aus diesem Anlass sprach Constance Bürger mit Wolfgang Barthen, Vorstandsvorsitzender des GAW der Landeskirche.

Herr Barthen, welche Projekte des Gustav- Adolf-Werken liegen Ihnen besonders am Herzen?

Mich reizen besonders Polen, Tschechien, Ungarn und Rumänien und die Länder der ehemaligen Sowjetunion. Die Diaspora, also Menschen, die irgendwo in Minderheit in einer ihnen nicht freundlich gesonnenen Umwelt leben, brauchen Unter stützung. Die Gemeinde im russischen Togliatti feiert in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen. Soweit wir wissen, bietet die junge lutherische Pfarrerin, die dort mit Menschen mit Behinderung kreativ arbeitet, als Einzige so ein Angebot an. Die Gemeinderäume wurden zu klein und wir halfen der Gemeinde ein Haus zu kaufen. Es wird manchmal etwas spöttisch gesagt, dass es uns ja nur um Dächer geht. Aber ohne Gebäude kann sich niemand versammeln. Es geht uns aber auch um Ausbildung und Unterstützung in Notsituationen.

Welche Projekte haben Sie zuletzt besucht?

Wir haben seit mehr als 100 Jahren Beziehungen zur Kirche lutherisch-augsburgischen Bekenntnisses in Rumänien. Dahin habe ich vor einem Jahr eine Gruppe geführt und wir haben Projekte des GAW in Siebenbürgen besucht. In Wolkendorf/Vulcan belebte Pfarrer Uwe Seidner das Gemeindeleben, indem das Gemeindehaus mit Gästezimmern und einem Gemeinderaum für Jugendliche ausgebaut wurde. In Baku/Aserbaidschan habe ich 2011 auf Deutsch Gottesdienst gehalten mit russischer Übersetzung. Dort finanzieren wir mit Sondermitteln die Miete eines Ruhestand – pfarrers, der in Baku auf Zeit lebt. Mit der lutherischen Kirche im südlichen Kaukasus – Georgien, Armenien und in Baku – habe wir enge Beziehungen.

Sie laden am Wochenende zum Jahresfest ein. Für wen ist dies gedacht?

Mitglieder, Freunde, Fremde und Interessierte. Der Sinn solcher Reisen und Bildungsveranstaltungen ist, diejenigen, die sich schon dem Werk näher fühlen, ab und an zu sammeln und andere, die vielleicht Interesse haben, zusammenzubringen, um das Thema Diaspora zu behandeln, Gemeinschaft zu erleben und das Werk kennenzulernen. Es ist immer ein Versuch, Menschen in das Thema hineinzuziehen.

Das Wort „Diaspora“ hat einen etwas altertümlichen Beigeschmack. Leidet Ihre Arbeit unter einem Rechtfertigungsdruck?

Das glaube ich nicht. Wir sind ja hier selbst Diaspora. Das GAW ist ein fast 200 Jahre altes Werk in der deutschen evangelischen Kirchenlandschaft. Es war vor fast 100 Jahren der größte Verein im Deutschen Reich. Heute ist es ein Werk, wo man auch in kirchlichen Kreisen immer wieder erklären muss, was das Werk überhaupt macht. Vor 200 Jahren war das viel einleuchtender. Auch wenn sie mit dem Namen „GAW“ etwas anfangen können, so hört es sich für viele uralt und verstaubt an. Daher ist immer das, was ich als Erstes mache, zu erzählen, dass und warum es uns gibt. In Siebenbürgen/Rumänien und in Lateinamerika etwa haben wir ein hohes Ansehen. In unserem eigenen Land und auch in der Landeskirche sind wir ein kleiner Spieler. Das ist eine Herausforderung. Wir haben ein großes Erbe.

Das GAW ist ein Werk der EKBO. Was heißt das?

Juristisch sind wir ein Verein. Wir nehmen im Auftrag der EKBO die Aufgabe wahr, uns um die evangelische Minderheit im Ausland zu kümmern. Wir bekommen keinen Zuschuss von der EKBO. Nach Beschluss der Landes – synode erhalten wir einmal im Jahr eine landeskirchliche Kollekte – das ist aber keine Garantie. Ohne diese könnten wir den Haushalt nicht decken. Es ist jedes Mal ein Zittern.

Wie finanzieren Sie Ihre Arbeit über die landeskirchliche Kollekte hinaus?

Durch Erbschaft eines Hauses konnte unsere Hauptgruppe ein Vermögen von knapp einer Million erzielen und bewahren. Durch seine Bewirtschaftung erzielen wir Einkünfte, die wir idealerweise dazu verwenden, um unsere Geschäfts- und Sachkosten zu decken. Mitgliedsbeiträge werden gezahlt, Teilnahmebeiträge für Studien- und Diasporareisen müssen kostendeckend sein. Und dann sind da natürlich die vielen Einzelkollekten der Kirchengemeinden und Spenden von Einzelpersonen.

Seit Mai haben Sie eine neue Geschäfts – führerin. Die Stelle wurde von 100 Prozent auf 80 Prozent gekürzt. Warum?

Aus finanziellen Gründen mussten wir für das laufende Jahr Personalkosten streichen. Ich weiß noch nicht, wie das ausgeht. Wenn man unter dem Druck eines nicht gedeckten Haushalts steht, muss man entweder die Einnahmen steigern oder die Ausgaben senken. Woran man sparen kann, das sind die Personalkosten. Diasporareisen finden jetzt nur noch statt, wenn sie ehrenamtlich organisiert und geleitet werden. Es gibt Menschen, die sagen, dass man die ganze Geschäftsführung ehrenamtlich machen kann. Ich glaube das nicht. Ich erkenne sofort jede Kritik an, dass das Verhältnis zwischen Sach- und Geschäftskosten und satzungsgemäßer Zwecke und Hilfsleistungen nicht 1:1 sondern 1:2 sein sollte. Ich glaube aber nicht, dass die Arbeit in der Geschäftsstelle und die Kontakte zu Spendern und in die Diaspora ohne eine Hauptamtliche geschafft werden kann. Ohne eine tüchtige Geschäftsführerin würden auch die Ehrenamtlichen weniger Einsatz leisten.

Wie sind die örtlichen Hauptgruppen in anderen Landeskirchen aufgestellt?

Es gibt Landeskirchen wie Schaumburg- Lippe, die haben gar keinen hauptamtlichen Mitarbeiter. Es gibt Landeskirchen wie Bayern, die stellen eine halbe Pfarrstelle zur Verfügung. Es gibt auch Hauptgruppen, die von ihren Landeskirchen Zuschüsse erhalten.

Das Gesamtwerk des GAW sitzt in Leipzig. Wie unterstützen Sie das Gesamtwerk?

Die lokalen Hauptgruppen haben eine dienende Funktion. Wir versuchen Öffentlichkeitsarbeit zu machen, halten Kontakte zu Partnern und sammeln Geld für die Projekte. Die jährliche Vertretersammlung des GAW, in die jede Hauptgruppe zwei Vertreter ent – sendet, entscheidet, welche Projekte finanziell unterstützt werden. Leipzig kann nur das finanzieren, was wir geben.

Im Rahmen des Jahresfestes lädt das Gustav- Adolf-Werk (GAW) der EKBO am Samstag, 15. Juni, um 18 Uhr zur Andacht in der Paul-Gerhardt- Kirche in Lübben ein und danach zu einem Impulsvortrag zu Lateinamerika von Wilhelm Hüffmeier, Ehrenpräsident des GAW. Am 17. Juni beteiligen sich Gastprediger des GAW an den Gottesdiensten im Kirchkreis, zum Beispiel um 10 Uhr in Straupitz und um 10.30 Uhr in Lübben.