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Was den neuen Papst-Botschafter Bruno Kahl beschäftigen wird

Nun ist es offiziell: Bruno Kahl (62) verlässt den BND und wird deutscher Vatikan-Botschafter. Er folgt auf Bernhard Kotsch (55), der nach vier Jahren ins Auswärtige Amt zurückkehrt. Wo der Neue es einfacher haben wird.

In der deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl steht ein Stabwechsel bevor. Der Übergang von Bernhard Kotsch zu Bruno Kahl markiert eine Zäsur, denn sowohl in Berlin als auch im Vatikan hat es kurz zuvor einen Machtwechsel gegeben.

Im Vergleich zu seinem Vorgänger wird Kahl es in Rom deshalb einfacher haben. Manche Probleme, die Kotsch noch das Leben schwer machten, haben sich von selbst erledigt. So kommt der neue Botschafter in ein Pontifikat, das außenpolitisch berechenbarer sein dürfte als das von Papst Franziskus. Leo XIV. setzt ganz auf die bewährte und diskrete vatikanische Diplomatie. Hingegen hatte Franziskus in der Außenpolitik oft für Verwirrung und mitunter auch für Empörung gesorgt – etwa mit wenig diplomatischen Äußerungen, die er in Interviews von sich gab.

Vor allem zwei Themen waren für die deutsche Außenpolitik Anlass zu Irritationen und brachten Kotsch oft in Erklärungsnot. Wie sollte man etwa die Papstworte zum russischen Angriffskrieg verstehen, wenn er Kiew zum Wedeln mit der Weißen Fahne riet, oder dem Westen indirekt eine Mitschuld am Krieg gab? Noch problematischer waren Äußerungen zum Krieg zwischen der Hamas und Israel, in denen der Papst mehr Sympathie mit den Palästinensern als mit Israel erkennen ließ. Hier war – wegen des besonderen Verhältnisses Deutschlands zu Israel – ein Kernthema deutscher Außenpolitik berührt. Kotsch fiel es mitunter sichtlich schwer, nach päpstlichen Verbalausrutschern die diplomatische Zurückhaltung zu wahren.

Dieses Problem ist nach dem Pontifikatswechsel ebenso vom Tisch wie ein anderes, das während der Ampel-Regierung eine Rolle spielte. Unter der grünen Außenministerin Annalena Baerbock ging in Berlin das Verständnis für religionspolitische Themen gegen Null. Kotsch musste sich deutlich mehr als seine Vorgänger anstrengen, Vatikan- und Religions-Themen im Auswärtigen Amt zu Gehör zu bringen. Indiz der verringerten Wertschätzung waren auch die ausgedünnten Besuche von deutschen Regierungsvertretern im Vatikan. Unter Bundeskanzler Friedrich Merz und Außenminister Johann Wadephul (beide CDU) dürfte die Reihe der Besucher aus Berlin in Rom wieder länger werden – wozu auch die Neugierde auf den neuen Papst beiträgt.

Ein weiteres Problem, das Kotsch oft beschäftigte, waren Konflikte im und um den Malteser-Orden, in die Papst Franziskus heftig eingriff. Er entließ die Ordensleitung und ließ eine neue wählen, und er setzte eine grundlegende Reform der Statuten durch. Darüber hinaus hatte es Papst Franziskus offenbar auf die erheblichen Geldmittel abgesehen, die bei den deutschen Maltesern in den Bilanzen standen – wobei es sich allerdings nicht um eigenes Vermögen handelte, sondern um deutsche Steuergelder, die der Staat dem Malteser-Hilfsdienst zahlte.

Kotsch – zugleich auch Botschafter Deutschlands beim Souveränen Malteserorden – agierte bei diesen problematischen Vorgängen im Hintergrund und trug mit dazu bei, dass der Konflikt nicht weiter eskalierte. Bei seiner Verabschiedung als Botschafter beim Malteserorden wurde er am Dienstag von Großmeister John Dunlap mit dem Großverdienstkreuz des Ordens ausgezeichnet.

Doch es gibt auch Baustellen, die Kahl nun ebenso beschäftigen werden wie einst Kotsch. Dazu gehört der Campo Santo Teutonico neben dem Petersdom. Er ist weiterhin ein Sanierungsfall – baulich wie strukturell. Der deutsche Botschafter sitzt mit am Tisch, wenn über die Zukunft des komplexen Gebildes aus Erzbruderschaft, Priesterkolleg und römischer Görres-Gesellschaft entschieden wird. Und ohne die 15 Millionen Euro an Zuschüssen, die der Deutsche Bundestag 2021 beschlossen hat, ist die älteste deutsche Institution in Rom vermutlich nicht zu retten.

Einen Problemberg übernimmt Kahl auch beim Thema Synodaler Weg und Vatikan. Immer wieder stellen Vatikanbeobachter die Frage, wie es Leo XIV. gelingen kann, die Einheit der Weltkirche angesichts der radikalen Reformforderungen aus Deutschland zu wahren. Die deutsche Vatikan-Botschaft kann in einer möglichen neuen Konfliktrunde zwar nicht aktiv vermitteln. Doch hat sie in den vergangenen Jahren als Ort des Dialogs zwischen Mitgliedern der römischen Kurie und Vertretern des Synodalen Wegs in Deutschland eine Rolle gespielt. Spätestens wenn die Deutschen mit einem Satzungsentwurf für ein nationales synodales Beratungsgremium nach Rom kommen, wird es neue Gelegenheiten für solche kirchen-diplomatischen Initiativen geben.