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„Warum ich glaube“

Die 19-jährige Jana Highholder ist das Gesicht des Youtube-Kanals „Jana“. In dem Experiment der Evangelischen Kirche in Deutschland wendet sich die Medizinstudentin und erklärte Christin mit Glaubensthemen an junge Leute

Joern Neumann

„Wofür glauben? Ist es notwendig? Hat es irgendeinen Sinn?“, fragt die junge Frau mit den blonden Locken auf einem gelben Sofa. Sie könne nicht erklären, warum „man“ glauben sollte, erzählt sie auf dem Youtube-Kanal „Jana“. „Aber ich kann und möchte euch erzählen, warum ich glaube.“ Mit dem Youtube-Kanal will die evangelische Kirche junge Menschen erreichen, die nach dem Sinn des Lebens fragen. Die 19-jährige Youtuberin Jana Highholder lässt das Publikum an ihrem Alltag als Slammerin, Medizinstudentin und Christin teilnehmen.

Christin, Slammerin, Medizinstudentin

Ziel sei es, den „Gottesdienst zu den Menschen zu bringen“, erzählt die Humanmedizin-Studentin in Münster, die bereits seit einigen Jahren unter ihrem Künstlernamen Jana Highholder als Poetry Slammerin auf Bühnen und in den sozialen Medien präsent ist. Dazu müsse man dahin gehen, wo diese Menschen sind: „Und in meiner Generation sind das die sozialen Medien.“
Der Youtube-Kanal wird im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gemeinsam vom Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) und der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej) verantwortet. Das GEP ist das zentrale Mediendienstleistungsunternehmen der EKD. Die aej ist der Zusammenschluss der Evangelischen Jugend in Deutschland.
„Glaube ist für mich etwas Alltägliches, er findet nicht nur sonntags und nicht nur auf speziellen christlichen Veranstaltungen statt“, erzählt Jana. Mit sechs Jahren hat sie Leukämie gehabt. Da habe sie „ganz früh erfahren, dass das Leben nicht in meiner Hand liegt“. Durch die Krankheit und ihre Überwindung habe sie einen dankbareren Blick auf ihr Leben bekommen. Das sei zwar Teil ihrer Geschichte. „Es ist aber nicht das Einzige, worauf ich mich berufe, wenn ich sage, Gott hat sich in meinem Leben gezeigt.“

Mit sechs Jahren an Leukämie erkrankt

Aufgewachsen ist Jana zusammen mit zwei Brüdern in Koblenz in einem christlichen Elternhaus. Auch ihre Poetry-Texte handeln oft vom Glauben. Die junge Frau ist in freikirchlichen Gemeinden engagiert, hat aber gegenüber der EKD keine Berührungsängste. Es gebe so viele Arten, den Glauben zu leben, ist sie überzeugt: „Das sollte uns nicht spalten.“
Neben Lebens- und Glaubensfragen lässt die Youtuberin unter der Rubrik „Jana vloggt“ die Netzgemeinschaft auch an ihrem Leben teilhaben. Da zeigt sie, wie sie für ihre Klausuren lernt, wie sie für Poetry-Slams unterwegs ist oder einfach entspannt durch ihre Heimatstadt schlendert. Begleitend zum Youtube-Kanal ist Jana auch auf den sozialen Netzwerken Facebook und Instagram präsent.
Bei dem Projekt gehe es nicht darum, einen „Kirchenkanal“ zu etablieren, sagt Thomas Dörken-Kucharz, der Beauftragte im GEP für Social Media, Funk und RTL. „Wir möchten ausprobieren, ob Glaube als Thema in den sozialen Medien funktioniert – mit einer Person verbunden, die dafür einsteht.“
Für die Evangelische Kirche in Deutschland ist das Format ein Experiment: „Jana ist Teil einer Vielzahl von digitalen Aufbrüchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland“, erklärt die EKD. Dabei würden bewusst unterschiedliche Plattformen und Formate ausprobiert. Nach einem Jahr soll das Projekt  fachgerecht bewertet werden.
„Mit den Klicks liegen wir über den Erwartungen“, freut sich Dörken-Kucharz. Die wöchentlich veröffentlichten Beiträge bei „Jana“ haben rund 1000 Aufrufe. Der Theologe Dörken-Kucharz ist bei der Aufzeichnung im Kölner Studio dabei und nimmt die geschnittene Fassung ab. Ihm ist aber wichtig, dass Jana, die mit ihrem Namen und Gesicht für das Projekt steht, dabei authentisch sein kann. Die Themenvorschläge werden vor der Aufzeichnung gemeinsam beraten. Jana überlege sich dann, wo der Beitrag hingehen könne, welche Geschichten ihr dazu einfallen.

Nach einem Jahr soll das Projekt bewertet werden

Auf Instagram oder Youtube erzählten einige User von ihrem eigenen Glauben oder stellten konkrete Fragen, berichtet Jana. Darauf werde sie dann in ihren Youtube-Beiträgen eingehen. Einige User machen ihr Mut, weiterzumachen oder bedanken sich:  „Wunderschön, wie du das erklärst. Aus dieser Sicht hab ich noch nicht geschaut. Danke“, schreibt ein User „aixela 777“. „Danke Jana und großen Respekt für deine Ehrlichkeit“, lobt eine andere Userin.
Es gibt aber auch bei Youtube und Facebook ätzende Kommentare und Beschimpfungen, offenbar von Menschen, die anonym pauschal mit Religion und Kirche abrechnen wollen: „Gottheiten sind die Globuli unter den Medikamenten und du solltest dringend Logik und rationales Denken in dein Leben holen“, ätzt ein User unter dem Namen „Grave Grotesk“. Ein anderer User unter dem Namen „Nardina07“ sieht in den Beiträgen „eine versteckte fundamentalistische Gerhirnwäsche“.
Der Youtube-Kanal ist sogar auch Ziel eines Angriffs von gesteuerten Computerprogrammen, sogenannten Bots, geworden. Gemerkt hätten sie das, als das Einleitungsvideo irgendwann von einem Tag auf den anderen rund 1000 Negativbewertungen anzeigte, sagte Dörken-Kucharz. Vorher habe es pro Tag mal ein oder zwei Negativbewertungen gegeben. Wie sich herausgestellt habe, sei der überwiegende Teil der sprunghaft angewachsenen Negativbewertungen aus der Ukraine, Russland und anderen Ländern gekommen.
Wenn die Kritik verletzend werde, gehe ihr das schon nah, erzählt die Youtuberin. Andererseits frage sie sich dann: Wenn Glaube und dieser Gott doch ein solches „Nichts“ seien, wie manche Menschen behaupten, wie schaffe es dieses „Nichts“, einen so massiven Unmut hervorzubringen?

Angriff: 1000 negative Bewertungen aus Russland

Ihre Erfahrungen hat sie auch in ihrem nächsten Youtube-Beitrag verarbeitet. Der eine Mausklick, der in den sozialen Medien Kommentare ermögliche, mache auch hasserfüllte Kommentare viel einfacher, erklärt sie dort. Das gelte auch für sie selbst: „Gerade mit dem, wofür ich stehe: Ich bin gläubige Christin, ich lebe meinen Glauben.“ Ein Ehrlichsein im Netz bringe aber auch eine Riesengefahr mit sich: Man mache sich „supersuper angreifbar“. Sie appelliert an die Netzgemeinde, sich bewusst zu machen, dass man mit schnellen boshaften Kommentaren den anderen auch verletzen könne.
Für Jana Highholder wäre es aber auch keine Alternative, sich nicht mehr über Youtube und facebook auszutauschen. Soziale Medien seien „eine Riesenchance, für das zu stehen, was man im Herzen führt“. Auch habe sie viele Begegnungen über soziale Medien, die dann ihren Weg in das reale Leben gefunden haben.
Wie schafft sie es, ihr Medizinstudium, ihre Auftritte als Poetry-Slammerin und ihre Youtube-Aktivitäten unter einen Hut zu bringen? Sie könne nicht etwas nur zu 25 Prozent machen, erzählt Jana Highholder. Die Aufgaben, denen sie sich verpflichtet fühle, sollten auch 100 Prozent ihrer Leistung bekommen. „Da muss ich bei anderen Dingen auch mal sagen, hier muss ich jetzt kürzer treten.“

Jana auf Youtube: http://bit.ly/janaglaubt;
Jana auf Instagram: http://instagram.com/janaglaubt;
Jana auf Facebook: http://facebook.com/janaglaubt