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Wahlempfehlungen: Warum die Kirche schweigen sollte

Im September stehen Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg an. Soll die Kirche Wahlempfehlungen aussprechen? Nein, kommentiert Sibylle Sterzik.

Der Gang zur Wahlurne steht den Wählerinnen und Wählern in Sachsen und Thüringen am 1. September und in Brandenburg am 22. September bevor
Der Gang zur Wahlurne steht den Wählerinnen und Wählern in Sachsen und Thüringen am 1. September und in Brandenburg am 22. September bevorepd/Steffen Schellhorn

Am 1. September werden in Sachsen und Thüringen neue Landtage gewählt, am 22. September in Brandenburg. Soll die Kirche eine Wahlempfehlung abgeben und Christinnen und Christen raten, welche Partei sie wählen sollen oder nicht? Keineswegs! Das wäre Bevormundung.

Aber welche Inhalte nicht wählbar sind, die eine Partei vertritt, das soll Kirche nicht nur, das muss sie laut und deutlich sagen und Ross und Reiter nennen. Damit nachher keiner sagen kann, er hätte nichts gewusst.

Die Kirche darf kein zweites Mal „in die Irre“ gehen

Wir wussten ja nicht, was mit den Juden geschah – wie oft hörte man das hinterher, als Nazideutschlands Verbrechen nicht mehr zu leugnen waren. Auch das Schweigen der Kirchen – Einzelpersonen dankbar ausgenommen – hängt ihrer Glaubwürdigkeit immer noch an. Wie viel Gewicht hätte ein Papstwort gegen die Judenverfolgung haben können? Wie viel ein noch mutigeres Bekennen der Bekennenden Kirche? Wir wissen es nicht. Aber so darf Kirche kein zweites Mal „in die Irre“ gehen.

Kirche steht für das Evangelium ein, es gibt ihr ein prophetisches Wächteramt, nicht nur zwischen Kirchenbänken, sondern zum Besten der Gesellschaft, deren Teil sie ist. Denn das Wort Gottes, für das sie steht, hat eine politische Dimension, einen Kompass für ein friedvolles Zusammenleben aller Menschen. Deshalb darf und muss sie darauf hinweisen, welche Politik sich darauf ausrichtet oder eben nicht.

Der Weg nach dem Vorbild Jesu

Jesus sagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“. Wie er Gottes Willen lebte, das ist der evangelische Weg. Die Zellstruktur von Christinnen und Christen baut sich daraus, Irrtümer und Konditionsschwächen inbegriffen.

Wie Jesus Menschen ihre Würde zurückgab, die falsche Autoritäten ihnen absprachen, sie zurückholte in die Gesellschaft, das ist evangelisches Leben. Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst, ist die evangelische Wahrheit. Denn jeder Mensch gleich welcher Herkunft hat die gleiche Würde von Gott. Mit dem Grundgesetz gesagt: Die Würde jedes Menschen ist unantastbar. Wer diese verletzt oder herabsetzt, ist nicht wählbar für Christen. Und steht der Demokratie, die darauf aufbaut, feindlich gegenüber.

Die menschenfeindlichen Vorhaben der AfD

Björn Höcke, Spitzenkandidat der AfD in Thüringen, plant menschenfeindlich den Ausschluss von Menschen aus Deutschland. Seine Partei will Fördermittel für Demokratie, Vielfalt und Kampf gegen Rechtsextremismus streichen, Klimaschutz beenden, Medienstaatsverträge kündigen und Rundfunk staatlich finanzieren. Das hatten wir schon mal im Osten. Wahrheit ade.

„Gehet hin und lehret … was ich euch befohlen habe“. Liebe Kirche, mach das, auch im Blick auf die Wahlen. Sag es allen weiter: Was nicht „Christum treibet“, daneben hat das Kreuz auf dem Stimmzettel für Christenmenschen nichts zu suchen.