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Verbände: Bund soll gefährdete Afghanen weiter aufnehmen

Die Taliban sind wieder an der Macht – seit ziemlich genau drei Jahren. Seitdem nimmt die Bundesregierung über ein Programm afghanische Ortskräfte auf. Dem droht jetzt das Aus.

Drei Jahre nach der erneuten Machtübernahme der Taliban fordern mehrere Verbände die Bundesregierung auf, auch weiter gefährdete Menschen aus Afghanistan aufzunehmen. Das entsprechende Bundesaufnahmeprogramm dürfe nicht kaputtgespart werden, erklärte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa am Mittwoch in Berlin. Wenn 2025 Mittel für die humanitäre Aufnahme um mehr als 60 Millionen Euro gekürzt würden, sei das faktisch das Ende des Programms.

Ziel des Programms der Bundesregierung ist es den Angaben zufolge, besonders gefährdete Menschen und deren Familienangehörige aus Afghanistan in einem geordneten Verfahren aufzunehmen. Entsprechend der Anordnung des Bundes für das Programm sollten monatlich bis zu 1.000 Aufnahmezusagen erteilt werden. Mit einer angekündigten Laufzeit bis zum Ende der Legislaturperiode müssten über das Programm bis zu 36.000 Menschen aus Afghanistan aufgenommen werden können.

Bislang sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums 540 Menschen über das Programm eingereist, etwa 3.000 Personen seien Zusagen erteilt worden. Zusammen mit anderen Aufnahmeprogrammen seien über 34.000 Menschen aus Afghanistan nach Deutschland gekommen.

Die Diakonie appellierte ebenfalls an die Bundesregierung, verfolgte Afghaninnen und Afghanen weiter aufzunehmen. Mit vielen deutschen und europäischen Projekten seien Menschen in Afghanistan ermutigt worden, sich für Bildung, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einzusetzen. “Wir dürfen sie nicht im Stich lassen”, so Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch. Auch die Arbeiterwohlfahrt und Pro Asyl kritisierten eine geplante Streichung des Programms. Zudem forderte Pro Asyl einen Abschiebestopp für Afghanen.

Die Organisationen UN Women und Terre des Hommes sprachen sich dafür aus, speziell Frauen aus Afghanistan zu berücksichtigen. Dasselbe gelte für Personen, die Menschenrechte verteidigten, erklärte UN Women Deutschland. “Für Frauen und Mädchen haben seit der Machtübernahme der Taliban grundlegende Rechte keine Gültigkeit mehr. Durch eine Vielzahl strikter Vorschriften werden Frauen und Mädchen praktisch vom öffentlichen Leben ausgeschlossen und ihrer Zukunftschancen beraubt”, erklärte die Vorsitzende Elke Ferner.

Terre des Hommes betonte, Frauen dürften in Afghanistan weder arbeiten noch studieren oder allein das Haus verlassen. Millionen Kinder litten unter Hunger und seien von Ausbeutung und einem Mangel an Bildungsmöglichkeiten betroffen. Deshalb müssten die internationalen Hilfen für Afghanistan erhalten bleiben.

Bereits am Montag hatte die Journalisten-Organisation Reporter ohne Grenzen der Bundesregierung vorgeworfen, afghanische Journalisten im Stich zu lassen. Dutzende Medienschaffende warteten laut Reporter ohne Grenzen noch auf ihre Ausreise. Man habe 62 Fälle von gefährdeten Journalistinnen und Journalisten beim Aufnahmeprogramm eingereicht, nur 29 davon seien bislang durch Behörden kontaktiert worden. Sicher in Deutschland angekommen seien nur sechs.