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Umfrage: 30- bis 44-Jährige in NRW oft politikverdrossen

Politikverdrossenheit und Skepsis gegenüber Institutionen sind in Nordrhein-Westfalen am stärksten bei Menschen in der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen ausgeprägt. In einer repräsentativen Umfrage für den 2. Demokratiebericht zur Lage der politischen Bildung in NRW befürwortete gut ein Viertel (26 Prozent) der Befragten in dieser Altersgruppe die Abschaffung des Mehrparteiensystems, wie es in dem von der Landeszentrale für politische Bildung erstellten Bericht heißt, mit dem sich am Donnerstag der Hauptausschuss des Landtags befassen will. In der Befragung wurde ein Schwerpunkt auf Jugendliche und junge Erwachsene gelegt.

Besonders misstrauisch gegenüber politischen Institutionen seien Menschen ab 30 Jahren, die häufig soziale Medien wie Facebook, Twitter und YouTube nutzten oder sich gar nicht aktiv über das politische Geschehen informierten. Demgegenüber bestärke die Nutzung traditioneller Medien wie lineares Fernsehen, Radio und Zeitungen sowie des sozialen Mediums Instagram eher das Vertrauen in politische Institutionen.

Grundsätzlich erfreue sich die Demokratie in NRW aber einer „breiten Anerkennung und Zustimmung seitens der Bürgerinnen und Bürger“, hieß es. Zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) zeigten eine klare Präferenz für das demokratische System und zögen es anderen politischen Systemen vor. Die erhobenen Daten zeigten, dass die Gruppe der sehr jungen Menschen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren überdurchschnittlich positiv zur Demokratie eingestellt sei.

Nahezu alle jungen Menschen (94 Prozent) sind demnach davon überzeugt, dass die Demokratie als politisches System am besten zu unserer Gesellschaft passt. Allerdings erklärte auch gut ein Drittel (36 Prozent) der befragten Jugendlichen, dass in Deutschland die freie Meinungsäußerung nicht mehr ohne negative Konsequenzen möglich sei.

Als „besonders besorgniserregend“ wird zudem der drastische Einbruch der Wahlbeteiligung bei der Altersgruppe der 18- bis 20-Jährigen bewertet. So nahm die Wahlbeteiligung zwischen 2017 und 2022 von 54,4 auf 40,7 Prozent ab. Vergleichbar starke Einbrüche um mehr als zehn Prozentpunkte habe es auch bei den mittleren Altersgruppen zwischen 35 und 49 Jahren gegeben.

Bedenklich ist überdies: Mit 33 Prozent der Befragten gab es einen erheblichen Anteil an Bürgern, die die Demokratie nicht in vollem Umfang unterstützen. Personen mit höherem sozioökonomischem Status hätten dabei tendenziell eine positivere Einstellung zur Demokratie. Sie verfügten in der Regel über höhere Bildungsabschlüsse und lebten in wirtschaftlich stabileren Verhältnissen. Dadurch sähen sie die Demokratie „oft als ein System, das ihre Interessen schützt und fördert“, hieß es.

Menschen mit Migrationshintergrund sind zudem offenbar vergleichsweise interessierter am politischen Geschehen als Menschen ohne Zuwanderungsgeschichte. Mit 81 Prozent war der Anteil derjenigen, die sich allgemein für Politik interessierten, in dieser Gruppe um fünf Prozentpunkte höher als bei den Menschen ohne Migrationsbiografie.

Der Bericht empfiehlt als Konsequenz aus den Ergebnissen eine gezielte Ansprache der Menschen mit Alltagsthemen und hoher Aktualität. Dabei solle die politische Bildungsarbeit stärker „digitale Räume“ erschließen und dort vor allem Jugendliche etwa mit Themen wie Klimaschutz oder Bildung ansprechen. Auch Programme und Maßnahmen zur Integration von Menschen mit Migrationsbiografie und niederschwellige Angebote – etwa in Kooperationen mit lokalen Initiativen, Sportvereinen oder Weiterbildungseinrichtungen – sollten ausgebaut werden.

Für die Erhebung wurden 3.149 Menschen in NRW befragt – darunter waren 502 Personen im Alter von 14 bis 18 Jahren. 1.250 Befragte wurden mithilfe computergestützter Telefoninterviews, weitere 1.899 mithilfe eines repräsentativen Online-Panels befragt.