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Fehrs: Schäuble war leidenschaftlicher Demokrat und Antipopulist

Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, hat in einem Gedenkgottesdienst in Berlin die Verdienste des früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) gewürdigt. Er habe „als gläubiger Protestant gelebt und gehandelt“ und sei ein „Antipopulist und ein Mensch, der sich ganz und gar, mit all seiner Kraft, Leidenschaft und Hingabe in den Dienst unseres Gemeinwesens und unserer Demokratie gestellt hat“, gewesen, sagte Fehrs in ihrer Predigt im Berliner Dom (13 Uhr) laut Mitteilung der Nordkirche von Montag.

Mit einem Trauerstaatsakt und einem Gottesdienst nimmt die Politik in Berlin heute (Montag) Abschied von Schäuble. Beim Staatsakt am Nachmittag (15 Uhr) im Bundestag werden der französische Präsident Emmanuel Macron und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sprechen. Der Gottesdienst im Berliner Dom wurde laut Nordkirche von Domprediger Stefan Scholpp gemeinsam mit dem katholischen Prälaten Karl Jüsten und Vertretern anderer Religionen gestaltet. Weiterer Redner war außerdem der frühere Ratsvorsitzende Wolfgang Huber.

Entsprechend Martin Luthers Einsicht habe Schäuble Glaube und Politik unterschieden, sagte Fehrs. „Der Glaube ist die Haltung, in der politisches Handeln gründet. Doch weder der Glaube noch die Haltung ist selbst schon Politik, denn Politik ist immer gebunden an das Machbare, den Kompromiss.“ Diese Unterscheidung brauche es in ideologisch aufgeladenen Zeiten mehr denn je, erklärte die amtierende EKD-Ratsvorsitzende und Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der Nordkirche.

Fehrs erinnerte auch an Schäubles Einsatz für die Menschenwürde. Auf Kirchentagen, aber auch als Initiator der ersten Islamkonferenz habe sich der langjährige Bundesminister „als Dialogiker par excellence“ erwiesen, den „klare, geistreiche Realpolitik“ ausgezeichnet habe. Damit habe er auch den interreligiösen Dialog gefördert, sagte Fehrs weiter.

Schäuble war am 26. Dezember im Alter von 81 Jahren gestorben. Er gehörte mehr als 50 Jahre dem Bundestag an und war darüber hinaus in seiner politischen Karriere auch Bundesminister, Partei- und Fraktionschef. Beigesetzt wurde Schäuble am 5. Januar in seiner Heimatstadt Offenburg.