Mit einem Staatsakt und einem Trauergottesdienst im Berliner Dom haben die Repräsentanten des Staates und politische Weggefährten Abschied vom früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) genommen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hob in einer in weiten Teilen auf Deutsch gehaltenen Rede Schäubles Wirken für die deutsch-französische Freundschaft und die Einigung Europas hervor. Vertreter von Kirchen und Religionsgemeinschaften würdigten Schäubles Einsatz für den interreligiösen Dialog.
Der frühere Bundestagsabgeordnete, Parlamentspräsident, Bundesminister, Partei- und Fraktionschef Schäuble war am 26. Dezember im Alter von 81 Jahren gestorben. Beigesetzt wurde Schäuble am 5. Januar in seiner Heimatstadt Offenburg. Aufgrund Schäubles politischer Bedeutung ordnete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auch einen Trauerstaatsakt an. Der fand im Reichstagsgebäude in Berlin statt. Schäuble gehörte dem Parlament 51 Jahre an, länger als jeder Abgeordnete bislang.
Europa ist Schäubles politisches Erbe
Macron forderte in seiner Rede dazu auf, Schäubles Einsatz für Europa als politisches Erbe anzunehmen. Schäuble habe die Veränderung seines Landes nach dem Fall der Mauer und die Umsetzung des europäischen Projekts immer als Ganzes verstanden. „Deutschland hat einen Staatsmann verloren. Europa hat eine Säule verloren. Frankreich hat einen Freund verloren“, sagte er.
Auch der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hob in seiner Rede Schäubles Einsatz für Europa, ebenso aber auch dessen Verdienste um die Vereinigung Deutschlands und Berlin als Bundeshauptstadt hervor. Sein eigentliches politisches Vermächtnis sei aber der Einsatz für den Parlamentarismus, sagte Merz. Das Bundestagsmandat sei „der innere Kern“ von Schäubles politischer Arbeit gewesen.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) versprach im Namen des Parlaments, Schäuble ein ehrendes Andenken zu bewahren. Deutschland habe einen großen Demokraten und Staatsmann, Europa einen Vordenker verloren, sagte sie.
EDK-Ratsvorsitzende Fehrs würdigt Schäuble
Zuvor war die politische Prominenz bereits zu einem Trauergottesdienst im Dom zusammengekommen. In den ersten Reihen nahmen neben der Familie Bundespräsident Steinmeier, Bundestagspräsidentin Bas, Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD), Bundesverfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth und Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (SPD) Platz. Auch Altkanzlerin Angela Merkel (CDU), frühere und aktuelle Bundesministerinnen und -minister sowie zahlreiche Regierungschefs der Länder nahmen an den Trauerveranstaltungen teil.
Die kommissarische Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, würdigte Schäuble in ihrer Predigt als „imponierenden Antipopulisten“, der sich mit all seiner Kraft, Leidenschaft und Hingabe in den Dienst des Gemeinwesens und der Demokratie gestellt habe.
Der frühere EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber hob in einer persönlichen Würdigung Schäubles Gründung der Deutschen Islamkonferenz hervor. 2006 gründete Schäuble als Bundesinnenminister die Islamkonferenz als Plattform für den Dialog zwischen Staat und Islamverbänden. Die Beteiligung von jüdischen und muslimischen Geistlichen sowie Vertretern der katholischen und orthodoxen Kirche am Trauergottesdienst sollten das interreligiöse Engagement Schäubles deutlich machen.