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Messerangriff lässt Asyl-Debatte im Wahlkampf aufflammen

Unter die Trauer nach der Messerattacke in Aschaffenburg mischen sich verschärfte politische Forderungen in der Asylpolitik. Die Kirchen planen einen Gedenkgottesdienst und bieten Notfallseelsorge.

Am Tatort im Schöntal-Park stehen Notfallseelsorger der beiden großen Kirchen zu Gesprächen bereit
Am Tatort im Schöntal-Park stehen Notfallseelsorger der beiden großen Kirchen zu Gesprächen bereitImago / Eibner

Die Messerattacke in Aschaffenburg mit zwei Toten hat abermals eine bundesweite politische Debatte zum Thema Asyl ausgelöst. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte eine verschärfte Migrationspolitik. Die Leitlinien müssten „Null Toleranz“ und „Null Kompromiss“ sein. Zugleich wies die Staatsregierung Kritik der Bundesregierung an Bayerns Behörden zurück. Am Mittwoch wurden bei einer Messerattacke ein Kita-Kind und ein Mann mit einem Küchenmesser getötet. Tatverdächtig ist ein offenbar psychisch kranker 28-jähriger ausreisepflichtiger Afghane.

Söder sagte, er sei tief betroffen von den Morden. Eine Attacke auf kleine Kinder sei mit das „schäbigste und ekligste Verbrechen“, das man sich vorstellen könne. „Wir müssen mehr Entschlossenheit zeigen“, sagte Söder mit Blick auf die Anschläge von Mannheim, Solingen und Magdeburg im vergangenen Jahr: „Es reicht, es reicht, es reicht.“ Söder forderte unter anderem eine konsequentere Abschiebung von ausreisepflichtigen und straffälligen Asylbewerbern. Wer ausreisepflichtig ist, müsse in Arrest kommen. Außerdem müsse die illegale Migration massiv begrenzt werden, unter anderem durch Zurückweisungen an der Grenze.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wies indes Kritik der Bundesregierung an den bayerischen Behörden zurück. Die Verantwortung für den Afghanen habe beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gelegen, also bei einer Bundesbehörde. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Mittwoch ein Behördenversagen angedeutet: „Die Behörden müssen mit Hochdruck aufklären, warum der Attentäter überhaupt noch in Deutschland war.“ Im Dezember 2024 hatte der Afghane nach einem erfolglosen Asyl-Antrag gegenüber dem Bundesamt erklärt, selbstständig ausreisen zu wollen. Sein Asylverfahren wurde daraufhin eingestellt.

Warnung vor Hass und Hetze nach Messerattacke von Aschaffenburg

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßt die Ankündigung aus Bayern, ein konsequenteres Vorgehen gegen psychisch kranke Gewalttäter zu prüfen. „Dieser Fall zeigt leider erneut, dass es bitter nötig ist“, sagte sie am Donnerstag in Berlin. Zuständig seien die Landesbehörden und die Justiz. „Die weitere Aufklärung muss jetzt schnell zeigen, warum dieser Täter noch in Deutschland war und wie mit ihm trotz seiner vorherigen Gewalttaten durch die Polizei und Justiz vor Ort umgegangen wurde“ und weshalb er „noch auf freiem Fuß“ gewesen sei: „Offenbar sind in Bayern da auch einige Dinge schiefgelaufen“, sagte sie.

Unterdessen steht bei den Menschen in Aschaffenburg die Bewältigung der Trauer im Mittelpunkt – und das Zusammenrücken der Stadtgesellschaft. Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD) warnte vor Hass und Hetze: „Wir können und dürfen die Tat eines Einzelnen niemals einer ganzen Bevölkerungsgruppe anrechnen.“ Die furchtbare Tat eines Einzeltäters dürfe „keine Spirale der Gewalt und des Hasses in Gang setzen.“ Der Tatort Schöntal-Park werde zwar seit einiger Zeit verstärkt von Polizeikräften kontrolliert, sagte Herzing: „Aber wir müssen mit der Erkenntnis leben, dass absolute Sicherheit nicht möglich ist.“

Kirchen planen Gedenkgottesdienst für Opfer und Angehörige

Die Kirchen wollen nach der tödlichen Messerattacke im Aschaffenburger Schöntal-Park für diesen Sonntag (26. Januar) zu einem Gedenkgottesdienst für die Opfer und deren Angehörige einladen. Zum Gottesdienst in der Stiftskirche ab 10.30 Uhr werden hochrangige Landes- und Bundespolitikerinnen und -politiker erwartet. Unter anderem werden Ministerpräsident Söder, der evangelische bayerische Landesbischof Christian Kopp und der katholische Würzburger Bischof Franz Jung zum Gottesdienst kommen. Bis auf Weiteres stehen am Tatort auch Notfallseelsorger der beiden großen Kirchen zu spontanen Gesprächen bereit.

Der tatverdächtige 28-Jährige sollte noch am Donnerstag dem Ermittlungsrichter vorgeführt worden sein. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage sagte, rechnen die Ermittler damit, dass ein Haft- oder ein Unterbringungsbefehl erlassen wird. Der Afghane soll am Mittwoch im Aschaffenburger Schöntal-Park unvermittelt eine Kita-Gruppe mit einem Messer angegriffen haben. Dabei wurden ein zweijähriger marokkanischer Bub und ein zu Hilfe eilender 41-jähriger deutscher Mann tödlich mit einem Küchenmesser verletzt. Zudem wurden ein zweijähriges syrisches Mädchen, eine 59-jährige deutsche Erzieherin sowie ein 72-jähriger Passant teils schwer verletzt.