Frankfurt a.M. Der Wiener Theologieprofessor Ulrich H. J. Körtner hat die Kirchen davor gewarnt, ihren Einfluss zu überschätzen. "Die Verankerung der Kirche in der Gesellschaft würde ich für geringer einschätzen, als es von den Betroffenen selber manchmal gesehen wird", sagte der aus Westfalen stammende Körtner dem Evangelischen Pressedienst (epd). Aus seiner Sicht treten die Kirchen auf wie eine Art von Lobbyinstitution, etwa wie der ADAC.
Auch aus Sicht des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) sollten sich die Kirchen mehr auf ihre Kernkompetenz konzentrieren. Sie sollten keine "bloße Gewerkschaft des Himmels sein", sagte der protestantische Christ dem epd: "Ich sehe vor allem den seelsorgerischen Auftrag im Mittelpunkt."
Kirche im politischen Mainstream
Körtner, Ordinarius für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, kritisierte: Wenn bestimmte Themen debattiert werden, wisse man schon, was die Kirche dazu sagen wird. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) etwa bewege sich im politischen Mainstream, mit einer bestimmten Affinität zum linksliberalen Flügel.
Die Kirchen sollten sich gegen die Auswüchse einer politischen Unkultur zu Wort melden und nicht zu allen Sachfragen Stellung nehmen, betonte Körtner: "Die Aufgabe der Kirche besteht für mich darin, etwas Grundlegendes zur politischen Kultur zu sagen und zu den Spielregeln einer modernen Demokratie und weniger zu der Frage: Soll jetzt der Dieselmotor bis 2030 abgeschafft werden oder nicht? Etwas Demut würde der Kirche gut anstehen."