Vor mehreren wichtigen Wahlen in diesem Jahr hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Deutschen aufgerufen, die Demokratie zu stärken und sich der Folgen ihrer Wahlentscheidung bewusst zu sein.
“Ich hoffe, dass jeder, der wählt, das nicht nur in einer Stimmung von Wut oder Frust tut – sondern auch im Bewusstsein über die Folgen”, sagte er in einem Interview der “Süddeutschen Zeitung” (Samstag). “Auch die gerade veröffentlichten Recherchen zu dem Treffen rechtsextremer Aktivisten zeigen ja, dass wir sehr wachsam sein müssen.”
Im Juni wird das Europaparlament neu gewählt. Parallel dazu finden in Deutschland in neun von 16 Bundesländern Kommunalwahlen statt. Gleich drei ostdeutsche Bundesländer wählen im September einen neuen Landtag: Am 1. September sind die Menschen in Thüringen und Sachsen dran, am 22. September dann die Wahlberechtigten in Brandenburg.
Steinmeier forderte eine Stabilisierung des Zusammenlebens in der Gesellschaft. Dazu gehörten die Würdigung des Ehrenamtes und der Respekt vor den demokratischen Institutionen. “Dazu gehört für mich aber auch, dass wir überall dort, wo Entfremdungen stattgefunden haben, etwa zwischen Stadt und Land, diese nicht nur einfach feststellen. Sondern, dass wir gegen diese Entfremdungen vorgehen.”
Der Bundespräsident betonte, dass die Demokratie zentral vom Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger lebe. “Die Qualität der Demokratie in Deutschland zeichnet sich eben auch dadurch aus, dass Hunderttausende sich Zeit nehmen, um ihre Gemeinde, ihre Stadt besser zu machen.” Er sei deshalb erschüttert über die Beschimpfungen und die tätlichen Angriffe, die es sogar schon auf der kommunalen Ebene gebe. “Wenn sich deshalb Verantwortungsträger zurückziehen oder sich Menschen erst gar nicht entschließen, Verantwortung zu übernehmen, dann trocknet die Demokratie von unten aus.”
Der Bundespräsident appellierte an die Politik, vor Ort den Dialog mit den Bürgern zu suchen, insbesondere mit den Menschen im ländlichen Raum. “Ich will den Leuten das Gefühl nehmen: für uns interessiert sich keiner, wir werden nicht gehört. Manchmal hilft es schon, hinzugehen und zu sagen, wir wollen euch hören. Insofern halte ich mehr Präsenz im ländlichen Raum tatsächlich für dringend erforderlich.”
Mit Blick auf die Proteste der Landwirte sagte Steinmeier, es fehle in Deutschland eine ausreichende Würdigung derer, die für die Erzeugung der Nahrungsmittel und für den Erhalt der Lebensbedingungen im ländlichen Raum verantwortlich seien.