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Stark machen gegen Rassismus

Schweigeminuten, Mahnwachen, Gottesdienste, Kerzen – ­Zeichen der ­Solidarität mit den Opfern folgten auf die rassistisch motivierten Morde von Hanau. Aber auch das gab es. Der brandenburgische Landtags-­Vizepräsident ­Andreas Galau (AfD) weigerte sich, einem Antrag der CDU-­Fraktion auf eine aktuellen Stunde zu dem Terroranschlag im Landtag stattzugeben. Das ­Aufstehen gegen Rassismus muss weitergehen

Von Josephine Furian und Lukas Pellio 

In Erinnerung an

Ferhat Unvar (22)Mercedes Kierpacz (35)Sedat Gürbüz (30)Gökhan Gültekin (37)Hamza Kurtovi? (20)Kalojan Velkov (33)Vili Viorel P?un (23)Said Nesar Hashemi (21)Fatih Saraço?lu (34)

Diese Menschen wurden uns in Hanau von einem rechtsextremen Mann genommen, bevor er seine Mutter und dann sich selbst tötete. Rechter Terror sendet an alle ­marginalisierten Gemeinschaften in Deutschland die Botschaft: Ihr seid hier nicht willkommen, ihr seid hier nicht sicher. Das ist die Botschaft des NSU, genauso wie der Anschläge in Halle und Hanau. ­Nirgendwo wird die Kontinuität rechter Gewalt deutlicher als in Brandenburg: 28 Tote sind hier seit 1990 zu beklagen – mehr als in ­jedem anderen Bundesland.

Der Anschlag in Hanau geschah im Namen des falschen Gottes der weißen Überlegenheit. Wir müssen diesem falschen Gott in unseren Herzen, in unseren Kirchen und unserer Gesellschaft klar entgegentreten. Verharmlosen und Schweigen wird weitere Leben kosten.

Rechter Terror lebt von der alltäglichen Ausgrenzung in Sprache, Institutionen und Gesetzen. Das Aufenthaltsgesetz genauso wie die Kriminalisierung von Treffpunkten nicht-weißer Menschen durch die Polizei ziehen eine Grenze ­zwischen der weißen, deutschen Mehrheitsgesellschaft und den ­vermeintlich „anderen“. Rechter Terror steigert diese Trennung mit tödlicher Konsequenz. Selbst die wohlmeinende Verurteilung von „Fremdenfeindlichkeit“ nach dem Anschlag schreibt diese Trennung fort. Es waren keine Fremden, die getötet wurden.

Demgegenüber gilt es auf allen Ebenen zu betonen: Wer hier ist, gehört hierher. Wir sind unteilbar.

Die EKBO hat sich in den letzten Jahren mehrfach gegen die extreme Rechte geäußert und sich damit auch gegen eine erstarkte christ­liche Rechte gestellt. Viele Gemeinden positionieren sich sichtbar ­gegen Rassismus, Sexismus und ­Antisemitismus. Von Kirchtürmen wehen Banner, die auf den Schaden, die Menschenfeindlichkeit der Seele zufügt, hinweisen.

Um uns stetig als vertrauenswürdige und verlässliche Bündnispartnerin für Betroffene von rechtem Terror zu erweisen, braucht es weitere Schritte. Es braucht kirchliche Räume, in denen verinnerlichte, auch christliche Menschenfeindlichkeit aufgearbeitet wird. Konkret könnte das heißen: Die Teilnahme an Anti-Rassismus-Trainings wird Einstellungsvoraussetzung für alle weißen Mit­arbeiter*innen und verstärkt Teil christlicher Bildungsarbeit. Hier können wir von unserer Partner­kirche der UCC aus den USA lernen, die den antirassistischen Glaubenskurs „sacred conversations to end racism“ (Geistliche Gespräche zur Beendigung des Rassismus) entwickelt hat. 

Antifaschismus war und ist neben Bildung und Recherche immer auch handfeste Aktion. Es geht darum Räume zu schaffen, in denen Menschen sicher sind vor Rassismus, Sexismus und Antisemitismus. Es kann nicht sein, dass Gemeinden die AfD zu Diskussionen einladen. Die AfD hat mit abgedrückt, mit ihr gibt es nichts zu reden.

Stattdessen können wir als Teile einer weiß-dominierten Landes­kirche Gemeinschaften stärken, die die vielen Menschen beheimaten, die mit dem Gefühl hier leben müssen, nicht willkommen zu sein. Das gilt neben den Moscheegemeinden, Shishabars und kurdischen Kulturvereinen auch für die oft prekären Migrationskirchen.

Nur gemeinsam mit den von rechtem Terror und Ausgrenzung betroffenen Menschen können wir überzeugende Alternativen entwickeln hin zu einer Gesellschaft in der mensch „ohne Angst verschieden sein kann“ (Theodor W. Adorno).

Josephine Furian ist Pfarrerin für Flüchtlingsarbeit im Sprengel Görlitz. Lukas Pellio ist Pfarrer der Versöhnungsgemeinde Berlin und Vorstand von Asyl in der Kirche.