Hamburg. Anfang August hat Ruomin Liu einen Aufruf an alle Kirchenmusiker der Nordkirche geschickt. Liu ist Studienleiter an der Missionsakademie an der Universität Hamburg. Zwei Jahre soll er von hier aus Kurse für chinesische Christen anbieten und die evangelische Kirche in seiner Heimat unterstützen. Dafür hat er sich nun eine besondere Aktion ausgedacht.
Liu sucht Orgelliteratur für das Theologische Seminar in der chinesischen Stadt Harbin. Genauer: Noten, Liederbücher und Partituren. Besondere Wünsche hat er nicht. Er freut sich über alles, sagt er. „Bis jetzt ist noch nichts angekommen. Leider“, bedauert er und hofft, dass sich das bald ändern wird.
Das Theologische Seminar in Harbin sei die einzige kirchenmusikalische Ausbildungsstätte in China, die einen Bachelorstudiengang anbietet. Mit Hilfe aus dem Ausland hat sie Unterrichtsgebäude und eine Bibliothek bekommen, nun müssen die Regale dort noch gefüllt werden. Wenn die Orgelliteratur auf Deutsch sei, sei das kein Problem, sagt Liu, weil es in den Seminaren Fachleute gebe, die Deutsch können. Außerdem gehe es ja vor allem um die Noten – und die seien überall verständlich.
Musik spielt in China wichtige Rolle
Liu ist es ein großes Anliegen, dass Kirchenmusiker in seiner Heimat gut ausgebildet werden, denn: „Musik ist ganz wichtig für Christen in China.“ Bei jedem Gottesdienst singe die Gemeinde etwa drei bis vier kirchliche Lieder. Besonders in den Städten habe jede Gemeinde mehr als einen Chor, zum Beispiel einen für ältere Mitglieder, einen für jüngere und einen Kinderchor.
Er selbst war Pastor einer Gemeinde mit sechs Gottesdiensten an jedem Wochenende. Für jeden habe es einen eigenen Chor gegeben. „Besonders jungen Leute ist die Musik wichtig“, sagt Liu. Zwar würden sie in Jugendgottesdiensten auch eher mit amerikanischer christlicher Popmusik feiern, aber im traditionellen Gottesdienst liebten sie die klassische Kirchenmusik.
Das Christentum in China wächst. Mehr als 38 Millionen Christen besuchen regelmäßig einen Gottesdienst, erklärt Liu. Er glaubt, dass es noch weit mehr Christen im ganzen Land gibt. Besonders nach der Kulturrevolution von 1966 bis 1976 habe sich der Glaube verbreitet. Die Kulturrevolution habe die traditionelle chinesische Kultur zerstört, zu der auch ein starker Zusammenhalt zwischen Familien und Gemeinschaft gehöre. Die Kirche sei in diese Leerstelle getreten.