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Ratlos und sprachlos

Kirchenvertreter zeigen sich erschüttert von den Anschlägen in Paris. Gleichzeitig sind sie gegen einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik

Rolf Zoellner

BERLIN/BIELEFELD/DETMOLD – Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben sich entsetzt über die Terroranschläge in Paris mit mehr als 130 Toten gezeigt.
„Wir sind tief erschüttert über die hasserfüllte Welle der Gewalt in Paris“, erklärten der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Die Anschläge von Paris seien letztlich „ein Anschlag auf alle Menschen und auf Europa“.
„Als Christen und über Religionen und Weltanschauungen hinweg werden wir trotz des Terrors zusammenstehen“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung von EKD und Deutscher Bischofskonferenz.  „In diesen Stunden gilt unsere Anteilnahme den Opfern und Angehörigen. Wo die Worte über die unfassbaren Taten versagen, ist für uns Christen Zeit zu beten. Wir beten für die Opfer“, erklärten Marx und Bedford-Strohm.

Terroranschläge nicht instrumentalisieren

Nach Auffassung der EKD dürfen die Terroranschläge nicht für einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik instrumentalisiert werden. „Paris ändert nicht alles“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm im NDR Info-Radio. Die Flüchtlinge aus Syrien oder dem Irak seien genau vor diesen Schrecken geflohen.
Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, erklärte: „Angesichts dieser menschenverachtenden Gewalt sind wir ratlos, sprachlos, machtlos. Wir begreifen nicht, dass Menschen zu solchen Taten fähig sind, wir wissen nicht, was sie dazu antreibt“, schreibt Kurschus. Und: „Ich bete für die Opfer und ihre Angehörigen. Ich bete, dass Gott die Herzen bewegt und dass der Hass nicht die Oberhand gewinnt. Ich rufe Christen, aber auch Angehörige anderer Religionen dazu auf, im Gebet nicht nachzulassen.“ Die Verbrechen von Paris zielten, so Kurschus, auf eine humane und freiheitliche Gesellschaft, also auf uns alle. „Alle Menschen guten Willens, unabhängig von Religion und Weltanschauung, werden jetzt gegen den Terror zusammenstehen.“
Auch Landessuperintendent Dietmar Arends zeigte sich erschüttert: „Das Ausmaß ihrer Gewalt erschreckt uns und macht uns sprachlos. Unsere Gedanken sind bei unseren Nachbarn in Frankreich. Wir trauern mit den Familien der Opfer. Ihnen gelten unsere Gebete.“ „Wir rufen dazu auf, der Opfer in Stille und Fürbitte zu gedenken“, so Arends weiter. Die Terroranschläge seien ein Angriff auf die Werte, die ein friedliches Zusammenleben erst möglich machen: die Unantastbarkeit der Würde des Menschen, Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit.
Die Synode der westfälischen Landeskirche gedachte zu Beginn ihrer Tagung mit einer Schweigeminute der Opfer der Terroranschläge und ihrer Angehörigen. „Wir stehen vor der nichtzu beantwortenden Frage, warum unschuldige Menschen ihr Leben lassen müssen und wieso andere zu so schrecklichen Gräueltaten fähig sind“, sagte der Superintendent des Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg, Klaus Majoress. Er bitte darum, dass Menschen ihre Türen und Herzen auch dann für syrische Hilfesuchende offen ließen, wenn ihre Landsleute in Paris töteten und sich dabei auf Gott beriefen.  UK/epd