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Projekt “Gemeinsam Stark” will Geflüchtete in Ehrenämter vermitteln

Am 5. Dezember ist der Tag des Ehrenamtes. Viele soziale Einrichtungen, wie unter anderem das WillkommensKulturHaus (WKH) im Hamburger Stadtteil Ottensen, sind für ihre Arbeit auf das Engagement freiwilliger Helferinnen und Helfer angewiesen. Nun will das WKH auch geflüchtete Menschen für Ehrenämter begeistern.

Anzhelika Rakhmanova kam vor drei Jahren aus der Ukraine nach Deutschland. Im WKH geht sie regelmäßig in das Sprachcafé, das geflüchteten Menschen die Möglichkeit bietet, gemeinsam in entspannter Atmosphäre Deutsch zu üben. Dort erfuhr sie vom Projekt „Gemeinsam stark – Geflüchtete ins Ehrenamt“ und war sofort begeistert: „Ehrenamtlich zu arbeiten bedeutet für mich einen Austausch. Ich komme selbst gerne ins WKH und lebe auch hier im Stadtteil, deshalb will ich den Menschen hier auch etwas zurückgeben.“

Das Projekt „Gemeinsam stark“ gibt es seit April dieses Jahres. Leiter Aurelius Mercado hält es für eine vielversprechende Möglichkeit, Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenzubringen. „Ein Ehrenamt auszuüben, gibt einfach ein gutes Gefühl.“ Außerdem könne es dabei helfen, Netzwerke in der Stadt aufzubauen und Deutsch zu üben. „Vor allem für Menschen mit Fluchterfahrung ist das oft nicht so einfach.“

Mercado habe diese Erfahrung auch selbst gemacht. „Ich kam 2022 aus Nicaragua nach Deutschland. Am Anfang hatte ich eine sehr schwierige Zeit hier, auch wegen des komplizierten Asylprozesses.“ Schließlich habe er beschlossen, sich ehrenamtlich im Flüchtlingsrat zu engagieren. „Das hat mir sehr dabei geholfen, mich an die Sprache und Kultur hier zu gewöhnen.“

„Gemeinsam stark“ wird mit Freiwilligenagenturen zusammenarbeiten, um Menschen mit Fluchterfahrung an verschiedene Ehrenämter zu vermitteln. Mentoren und Mentorinnen aus der Projektorganisation sollen die Menschen dann bei Beginn ihres Engagements unterstützen. „Noch ist das Projekt am Anfang. Bei unserem Kick-Off-Event im September haben aber schon 15 Menschen Interesse an einem Ehrenamt gezeigt.“

Anzhelika Rakhmanova wird sich zunächst ehrenamtlich im WKH engagieren. Sie veranstaltet Kochabende, bei denen sie gemeinsam mit allen Interessierten ein Gericht zubereitet, das im Anschluss gemeinsam gegessen wird. „Beim ersten Mal haben wir Vareniki und Kartoffelpüree gemacht. Das ist ein authentisches ukrainisches Essen.“ Rakhmanova liebe es, zu kochen. „Essen bringt Menschen zusammen. Wir lernen etwas übereinander und unsere Herkunft, wenn wir zusammen kochen und essen.“ Für ihren nächsten Kochabend plant sie, die ukrainische Suppe Borschtsch zuzubereiten.

Rakhmanovas Kochabende sind nur eine der vielen Veranstaltungen, die im WKH von ehrenamtlichen Helfenden organisiert werden. Im Haus sind drei Stellen hauptamtlich besetzt. Dagegen engagieren sich über 100 Menschen freiwillig. Ein Großteil von ihnen komme aus dem Stadtteil, viele seien bereits im Ruhestand. „Ohne unsere Ehrenamtlichen würde hier nichts laufen“, erklärt Antje Kurz, zuständig für die Bereiche Nachhaltigkeit und globales Lernen im WKH.

Das WKH ist ein Projekt der Kirche Ottensen. Entstanden ist es im Jahr 2013 mit dem Projekt „Schule ohne Grenzen“, bei dem erwachsene Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus von ehrenamtlichen Lehrenden in Deutsch unterrichtet werden. „Der Bedarf an Deutschkursen ist immer noch hoch. Vor allem bei den Anfängerkursen ist die Warteliste sehr lang“, erzählt Kurz.

Mit der Zeit seien die Projekte des WKH immer vielfältiger geworden. Das sei nur möglich, da sich immer mehr Menschen ehrenamtlich dort engagieren. „In diesem Frühjahr sind noch einmal viele Freiwillige dazugekommen. Ich denke, viele Menschen sind mit der aktuellen Politik unzufrieden und wollen selbst etwas ganz Konkretes tun“, sagt Kurz.

Mercado rechnet damit, dass sich auch noch mehr Menschen mit Fluchterfahrung für das Ehrenamtsprojekt „Gemeinsam stark“ begeistern werden. „Viele Geflüchtete sind frustriert, weil sie im Alltag nichts machen können.“ Das liege auch am komplizierten deutschen Asylverfahren und den damit verbundenen Regelungen. „Sie dürfen nicht arbeiten, warten lange auf Deutschkurse. Ein Ehrenamt zu übernehmen, könnte Möglichkeiten schaffen.“