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Orte des Gedenkens

Erstmals gibt es eine bundesweite Datenbank, in der deutsche Erinnerungsorte an russische Opfer beider Weltkriege aufgelistet werden

BERLIN/SCHLOSS HOLTE-STUKENBROCK – Erstmals gibt eine Datenbank einen deutschlandweiten Überblick über Gräber und Erinnerungsstätten für sowjetische Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Soldaten. Im Beisein des russischen Botschafters in Deutschland, Wladimir M. Grinin, wurde das Onlineportal www.sowjetische-memoriale.de in Berlin freigeschaltet. Aufgelistet sind darin knapp 4100 Orte im gesamten Bundesgebiet, an denen sich Gräber oder Denkmäler für sowjetische Kriegsopfer befinden. Die meisten dieser Erinnerungsorte wurden mit rund 1000 in Nordrhein-Westfalen verzeichnet, darunter der Ehrenfriedhof für sowjetische Kriegsgefangene in Schloß Holte-Stukenbrock.
Die Datenbank in deutscher und russischer Sprache sei die umfangreichste ihrer Art. Sie solle dazu beitragen, die Erinnerung an die unzähligen sowjetischen Todesopfer auf deutschem Boden wach zu halten, sagte der Direktor des Deutsch-Russischen Museums Berlin-Karlshorst, Jörg Morré. Angehörige könnten in der Datenbank Informationen über den Verbleib der Toten erhalten. Ebenso soll das Portal künftig von Wissenschaftlern oder Schulen genutzt werden können. Ziel ist auch, die Datenbank zu erweitern: Private Internetnutzer oder Institutionen sind aufgerufen, bislang unbekannte Informationen oder Fotos zu Erinnerungsstätten an sowjetische Kriegsopfer in Deutschland beizusteuern.
Bis heute ist die genaue Zahl der sowjetischen Opfer des Zweiten Weltkrieges, die in Deutschland starben, nicht bekannt. Experten gehen von rund 760 000 begrabenen sowjetischen Kriegstoten aus, die in Einzelgräbern oder anonymen Massengräbern bestattet sind. Für viele in deutschen Konzentrationslagern oder Gestapo-Haft ermordete sowjetische Staatsbürger existieren überhaupt keine Grabstellen.
Deutschland habe eine besondere Verantwortung für Erinnerungskultur, betonte der Vorstand der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, Günter Saathoff. Er sprach sich zudem für eine Anerkennung sowjetischer Kriegsgefangener als NS-Opfer durch den Bundestag aus. Mit Blick auf die Tatsache, dass die Angehörigen der sowjetischen Kriegsopfer heute in verschiedenen Ländern leben, bezeichnete er die neue Datenbank zudem als „Teil eines europäischen Erinnerungsbewusstseins“.
Das Deutsch-Russische Museum Berlin-Karlshorst hatte in den vergangenen zehn Jahren gemeinsam mit dem Büro für Kriegsgräberfürsorge und Gedenkarbeit bei der Botschaft der Russischen Föderation an der Datenbank gearbeitet. Das Projekt wurde unterstützt von Kulturstaatsministerin Monika Grütters und der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“. epd

Internet: www.sowjetische-memoriale.de.