Wer in Nordrhein-Westfalen in ein Krankenhaus kommt, hat eine große Chance, in einer kirchlichen Klinik behandelt zu werden. Die 240 evangelischen und katholischen Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen betreuen etwa zwei Drittel aller Patientinnen und Patienten im Land.
Die kirchlichen Häuser erfüllen damit einen biblischen Auftrag. Sie sorgen zu wesentlichen Teilen für die medizinische und pflegerische Betreuung kranker Menschen.
Zudem sind die kirchlichen Kliniken ein wichtiger Baustein der regionalen Gesundheitswirtschaft und damit ein bedeutender volkswirtschaftlicher Faktor. Sie schaffen Arbeitsplätze und sie zahlen Steuern. Mehr als 250 000 Menschen arbeiten in den nordrhein-westfälischen Krankenhäusern.
Patientinnen und Patienten im Krankenhaus erwarten in erster Linie eine gute medizinische und pflegerische Betreuung. Gute Behandlung braucht aber auch gute Rahmenbedingungen. Damit steht es nicht zum Besten. Das haben Vertreter evangelischer und katholischer Häuser jetzt laut zur Sprache gebracht.
Fördermittel decken nur ein Drittel des Bedarfs
Von fehlenden Investitionen ist an vielen Stellen in der Landespolitik die Rede. Neue Brücken, bessere Bahnverbindungen, Schulen für das 21. Jahrhundert – überall fehlt es an Investitionen. Die Infrastruktur hängt zurück. Die Politik ist gefragt. Die Landespolitik ist dabei auch gefordert, in „gesunde“ Krankenhäuser zu investieren.
Ein regelrechter Investitionsstau ist bei den klammen Kliniken im bevökerungsreichsten Bundesland aufgelaufen. Das Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsforschungsinstitut (RWI) in Essen hat die kritischen Zahlen ermittelt. Investitionen in Krankenhäuser sind Ländersache. Und hier bleibt NRW vieles schuldig, das machen die Vertreter der konfessionellen Kliniken deutlich.
Der jährliche Investitionsbedarf aller Krankenhäuser in NRW liegt bei 1,5 Milliarden Euro. Die jährlichen Investitionsfördermittel des Landes betragen aber lediglich 500 Millionen Euro. Für alle Krankenhäuser im Bundesland, einschließlich der nichtkirchlichen, ergibt das eine Förderlücke von etwa einer Milliarde Euro im Jahr. Die Förderlücke bei den freigemeinnützigen, also vor allem kirchlichen Kliniken, liegt jährlich bei etwa 650 Millionen Euro.
Sofortprogramm von Politik gefordert
Das sind Fehlsummen auf das einzelne Jahr gerechnet. Summiert man die Investitionsdefizite, kommt man für alle Kliniken im Land auf einen Gesamt-Investitionsstau von 12,5 Milliarden Euro.
Diakonie und Caritas, katholische und evangelische Kirche und ihre Krankenhausverbände fordern nun, den Investitionsstau aufzulösen. Bei einem hochkarätigen „Politischen Fachgespräch“ in Düsseldorf trugen die Repräsentanten der kirchlichen Krankenhäuser ihre Anliegen NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens und den zuständigen Sozialpolitikern der Parteien vor.
„Wahlprüfstein“ zur Landtagswahl
Jochen Brink ist Chef des Evangelischen Krankenhauses Lippstadt und zugleich Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. Er bringt die Forderungen an die Politik auf den Punkt: „Die Krankenhäuser brauchen ein Sofortprogramm mit sichtbaren Ergebnissen für die Patienten und die Kliniken. Die notwendigen Investitionen dürfen nicht in die nächste Warteschleife geschoben werden. Wir brauchen sofort etwas. Wir brauchen jetzt Geld.“
Auch für Diakonie-RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann steht die Unterstützung für die Evangelischen Krankenhäuser ganz oben auf der diakonischen Agenda. Das machte er bei einer Pressekonferenz beim Frühlingsempfang des Landesverbandes in Düsseldorf deutlich.
Am 14. Mai ist Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Die Freie Wohlfahrtspflege mit Diakonie, Caritas und den anderen Verbänden setzt sich dafür ein, dass die chronische Unterfinanzierung der Krankenhäuser ein Ende findet: „Investitionen in Medizintechnik und Gebäude werden in immer kürzeren Abständen erforderlich und sichern die Versorgungsqualität für Patientinnen und Patienten. Bei gleichbleibend niedriger Finanzierung der Investitionskosten verlieren die Kliniken weiter an Substanz“, heißt es in den „Wahlprüfsteinen“ der Freien Wohlfahrtspflege zur Landtagswahl in NRW.
Zum Heil und Wohl von Patientinnen und Patienten
„Charitè“ heißt Barmherzigkeit. Das erklärt die Oberschwester ihren Mitschwestern und den Fernsehzuschauern in der neuen Mini-Krankenhausserie gleichen Namens von Starregisseur Sönke Wortmann. Barmherzigkeit oder Nächstenliebe – ist das nicht das Entscheidende im Krankenhaus? Warum sind Geld und Gebäude so wichtig? Braucht der Mensch im Krankenhaus nicht vor allem gute Ärzte und qualifizierte Krankenschwestern, klare Diagnosen und verständliche Aufklärung, Besuch und Gebet, Zuwendung und Zeit?
Ob im „Emergency Room“ oder in der „Sachsenklinik“, ob beim allwissenden „Dr. House“ oder neuerdings in der „Charitè“ – Krankenhausthemen üben eine starke Faszination aus. Im wirklichen Leben gilt das natürlich noch viel mehr als vom Sofa aus als Fernsehzuschauer. Denn wer ins Krankenhaus muss, begibt sich in aller Regel nicht freiwillig in den „OP“ und „auf Station“.
Gesundheitsfragen sind existenzielle Fragen. „Investitionen in Steine“ scheinen auf den ersten Blick nicht so wichtig. Aber wer möchte sein Kind in eine Kinderklinik bringen, in der Vater oder Mutter nachts nicht beim Kind bleiben können? Marode Sanitäranlagen und dunkle Flure tragen auch nicht gerade zum Wohlbefinden bei. Und kein Patient kann akzeptieren, dass seine sensiblen Krankenakten im weltweiten Netz herumschwirren.
Investitionen in Krankenhäuser sind letztlich auch Investitionen in das Heil und das Wohl von Menschen, die kurz- oder langfristig auf intensive Hilfe angewiesen sind.