Kiel. In der Nordkirche könnten demnächst gleichgeschlechtliche Paare in einem öffentlichen Gottesdienst als Paar gesegnet werden. Eine entsprechende Beschlussvorlage der Kirchenleitung für die Landessynode haben Landesbischof Gerhard Ulrich und Synodenpräses Andreas Tietze in Kiel vorgestellt. Das Kirchenparlament tagt vom 29. September bis 1. Oktober in Lübeck-Travemünde. Wenn die Synodalen zustimmen, wäre auch die Segnung eines homosexuellen Paares eine offizielle kirchliche Amtshandlung – wie ein Traugottesdienst für Mann und Frau.
Die neue Amtshandlung müsste in ein Kirchenbuch eingetragen werden, "das Trauungen, Segnungen von Menschen in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft und Gottesdienste anlässlich einer Eheschließung aufführt", heißt es in der Beschlussvorlage. Gibt es dafür eine Mehrheit unter den 156 Synodalen aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern, wäre die Nordkirche die fünfte Landeskirche in Deutschland, in der gleichgeschlechtliche Paare in einem öffentlichen Gottesdienst getraut werden können. Für die Beschlüsse ist eine einfache Mehrheit nötig.
Die Regelungen in anderen Landeskirchen
Entsprechende Beschlüsse gibt es bereits in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, der rheinischen Kirche und der Evangelischen Kirche in Baden. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat bundesweit 20 Mitgliedskirchen. In der 2012 gegründeten Nordkirche gilt derzeit noch eine Übergangsregelung. "Jetzt kommt der finale Entscheidungsschritt", sagte Synodenpräses Tietze.
Landesbischof Ulrich kündigte eine Handreichung für die rund 1.000 Kirchengemeinden an, in der es Hilfen und Anregungen für die Gottesdienste gibt. Er warnte davor, in der öffentlichen Diskussion Menschen auf ihre Sexualität zu reduzieren. Bei einer Partnerschaft gehe es um mehr als um die Sexualität. Ulrich: "Es geht um den einzelnen Menschen vor Gott." Ulrich ist auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD).
Bislang mussten Propst und Gemeinderat zustimmen
In der ehemaligen nordelbischen Kirche (Hamburg und Schleswig-Holstein) waren schon lange vor der Nordkirchen-Gründung Segnungen homosexueller Paare in einem gottesdienstlichen Rahmen möglich. Dafür musste aber in jedem Einzelfall erst von Kirchengemeinderat und Propst die Zustimmung eingeholt werden. In der Mecklenburgischen Kirche war eine Segnung offiziell nur als "seelsorgerliche Begleitung" möglich. Offizielle Zahlen gibt es nicht. Schätzungen gehen von etwa 100 gleichgeschlechtlichen Paaren seit dem Jahr 2000 aus, die sich haben kirchlich segnen lassen.
Weitere Tagesordnungspunkte der Synodensitzung sind unter anderem "Eine Kirche des gerechten Friedens" und ein Bericht aus der Arbeitsstelle "Geschlechtergerechtigkeit". (epd)