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MV: “Schutz jüdischen Lebens” soll Staatsziel werden

Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern will den Schutz jüdischen Lebens und jüdischer Kultur zum Staatsziel erklären. Die Fraktionen von SPD, Linke, CDU, Grüne und FDP haben dafür am Mittwoch einen Antrag zur Änderung der Landesverfassung in den Landtag eingebracht, wie die Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern mitteilte. Konkret soll der Artikel 18a der Landesverfassung ergänzt werden. Die geplanten Änderungen werden nun zunächst im Rechtsausschuss des Landtags beraten.

Die bestehende Extremismus-Klausel in Artikel 18 soll erweitert und ergänzt werden: Auch „nationalsozialistisches und antisemitisches Gedankengut“ sei dann verfassungswidrig. Bisher würden nur Handlungen als verfassungswidrig bezeichnet, die rassistisches und anderes extremistisches Gedankengut verbreiten. „Es ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und Verantwortung jeder und jedes Einzelnen, diesen entschieden entgegenzutreten“, heiße es künftig. Neu eingefügt werden soll zudem ein Absatz, mit dem sich das Land zum Schutz und zur Förderung von jüdischem Leben und jüdischer Kultur bekennt.

„Unsere Verantwortung für den Schutz und die Förderung des jüdischen Lebens ist eine doppelte: Wir bekennen uns zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands angesichts der Verbrechen im Nationalsozialismus und zur Verantwortung für das Wohlergehen der Jüdinnen und Juden, die heute unter uns leben“, erklärte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Es sei wichtig, jeder Form von Antisemitismus entschieden entgegenzutreten.

„Wir erleben seit Jahren einen Anstieg antisemitischer Straftaten. Von den 115 antisemitischen Straftaten im vergangenen Jahr hatten 90 einen rechtsextremen Hintergrund“, sagte Schwesig. Umso wichtiger sei es, dass alle demokratischen Kräfte im Landtag den Weg zur Verfassungsänderung gemeinsam gehen, teilte die Linksfraktion mit. Allen Demokratinnen und Demokraten soll damit im Alltag und in der Verwaltung der Rücken gestärkt werden, hieß es. „In Zeiten, in denen Verfassungsfeinde immer lauter werden, setzen wir zudem ein klares Stoppzeichen“, sagte die Vorsitzende der Linksfraktion, Jeannine Rösler. Ein diskriminierungsfreies und friedliches Miteinander bleibe unverhandelbar.

Constanze Oehlrich, Vorsitzende der Grünenfraktion, befand: „Die Verfassungsänderung kommt zur richtigen Zeit. In den letzten Jahren haben antisemitische Taten ein besorgniserregendes Ausmaß angenommen.“ Mit der Verfassungsänderung werde klargestellt, dass alle öffentlichen Institutionen die Pflicht hätten, dem entschieden entgegenzutreten, teilte die Grünenfraktion mit. Oehlrich: „Das erfordert Sensibilität und konsequentes Handeln und geht am besten gemeinsam mit einer starken Zivilgesellschaft.“

Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Julian Barlen, sieht im Verfassungszusatz mehr als einen symbolischen Akt: „Alle staatlichen Organe, von der Landesregierung bis hin zu kommunalen Verwaltungen, sind damit verpflichtet, dieses Ziel aktiv zu verfolgen.“ Thomas Würdisch, kirchenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, ergänzte: „Dass wir den Schutz jüdischen Lebens in der Landesverfassung verankern, ist ein starkes Zeichen für die Freiheit der Religionsausübung.“ Egal ob Christen, Muslime, Juden, Buddhisten oder Angehöriger anderer Religionen – jeder solle in MV seine Religion frei ausüben können, ohne Angst vor Diskriminierung, Hetze oder Gewalt zu haben.

Bereits in ihrer Kabinettssitzung am Dienstag hat die Landesregierung nach eigenen Angaben einen Aktionsplan gegen Antisemitismus beschlossen. „Wir wollen die jüdischen Gemeindezentren in Rostock und Schwerin nach dem Anschlag der Hamas in Israel im vergangenen Jahr besser schützen“, sagte Ministerpräsidentin Schwesig. Zudem soll der Informationsaustausch verbessert werden, um antisemitische Vorfälle und Straftaten besser zu erfassen. Auch in der Lehrerausbildung soll das Bewusstsein für Antisemitismus gestärkt werden.