Sechs Jahre nach Beginn des Einmarsches türkischer Truppen in die syrisch-kurdische Region Afrin haben Menschenrechtler von der deutschen Bundesregierung ein Machtwort gefordert. Sie müsse die Invasion und anschließende völkerrechtswidrige Besetzung Afrins durch ihren NATO-Verbündeten Türkei öffentlich und unmissverständlich verurteilen und den Rückzug der türkischen Armee und der von der Türkei unterstützten islamistischen Söldner aus Afrin verlangen, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker am Freitag in Göttingen. „Diese Forderung hat die GfbV persönlich an die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock gerichtet. Leider haben wir bis heute keine Antwort erhalten“, sagte der Nahostexperte der Menschenrechtsorganisation, Kamal Sido.
Seit der Besetzung rissen die Nachrichten über Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen der Türkei in Afrin nicht ab, berichtete Sido. „Die christliche Gemeinde von einst 1.200 Mitgliedern existiert nicht mehr. Die letzten Armenier wurden ebenso vertrieben wie rund 350.000 Kurden. Tausende wurden getötet oder verletzt.“, Kurdische Schulen und die einzige kurdische Universität in der Geschichte Syriens, kurdische Friedhöfe und Heiligtümer würden und werden zerstört.
Diejenigen, die aus Afrin fliehen konnten und im Norden Aleppos oder weiter im Nordosten Syriens leben, werden Sido zufolge ebenfalls fast täglich von der Türkei und ihren islamistischen Milizen bombardiert. Die Bundesregierung schweige zu diesen Angriffen oder stelle sich auf die Seite des Aggressors. Die NATO opfere die kurdische Bevölkerung in der Türkei und ihren Nachbarländern, insbesondere in Syrien: „Das soll Erdogan zufrieden stellen, doch stattdessen diskreditiert dieser das gesamte transatlantische Bündnis.“ Vor diesem Hintergrund sollte Deutschland zwischen den Kurden und der Türkei vermitteln. Denn niemand im Nahen Osten brauche noch mehr Gewalt. Die Menschen sehnten sich nach Ruhe und Frieden.