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Liminski: Deutsche Waffen helfen, Leben in Ukraine zu schützen

Nordrhein-Westfalens Minister für Internationales, Nathanael Liminski, will alles tun, um der kriegsgebeutelten Ukraine zu helfen. Dabei sucht der Katholik Zusammenarbeit mit der Kirche.

Der Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), hat einen besonderen Gast aus der Ukraine empfangen, um sich über die Lage im Krisengebiet zu informieren. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) sprach nach der Begegnung am Donnerstag mit dem Minister.

KNA: Herr Minister, Sie haben gerade mit dem katholischen Bischof von Odessa-Simferopol, Stanislaw Szyrokoradiuk, über den anhaltenden Krieg in der Ukraine gesprochen. Wieso interessiert sich ein Bundesland wie Nordrhein-Westfalen für ein solches Thema?

Nathanael Liminski: Wenn ein Krieg mitten in Europa tobt, dann betrifft das auch uns in Nordrhein-Westfalen. Wir haben hier 230.000 Ukrainerinnen und Ukrainer aufgenommen. Und natürlich wollen wir auch vor Ort helfen, wenn Menschen einem völkerrechtswidrigen, aggressiven Angriffskrieg ausgesetzt sind. Die Ukraine soll dafür bestraft werden, dass sie sich nach Europa orientiert. Da können wir hier im Herzen Europas nicht tatenlos zusehen.

KNA: Welche Unterstützung kann NRW im Krisengebiet konkret leisten?

Liminski: Wir haben seit Beginn der russischen Vollinvasion geholfen – zum Beispiel mit medizinischen Hilfsgütern, Stromgeneratoren oder Laptops für Fernunterricht von Kindern. Insgesamt haben wir 2023 fünf Millionen Euro für medizinische Hilfe in der Ukraine aufgewendet. Hinzu kommt ein Wiederaufbauprogramm von knapp 300.000 Euro, das weiter läuft. Und unzählige Hilfen mehr von Kommunen und Vereinen aus ganz NRW. Wir können also eine ganze Menge tun, um Not zu lindern. Unsere Kontakte vor Ort bestätigen uns: Eure Hilfe motiviert unsere Frauen und Männer an der Front. Damit tun wir auch etwas dafür, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt.

KNA: Welche Rolle spielt die katholische Kirche bei alledem?

Liminski: Die Kirche ist an vorderster Front, wenn es darum geht, inmitten größter Unmenschlichkeit trotzdem Menschlichkeit zu organisieren. Insofern sind Gespräche mit dem Bischof, der Caritas und dem kirchlichen Osteuropahilfswerk Renovabis sehr wertvoll. Wir überlegen als Partner, wo sich Hilfe gegenseitig ergänzen kann.

KNA: Sie haben wiederholt betont, dass Sie an einen Sieg der Ukraine glauben. Im Moment sieht es eher so aus, dass Russland die Oberhand gewinnt. Woher nehmen Sie die Zuversicht, dass sich das Blatt wendet?

Liminski: Zu Beginn der Invasion im Februar 2022 haben viele geglaubt, es sei eine Frage von Tagen oder Wochen, dass sich die Ukraine ergibt. Nun kämpft sie schon seit mehr als zwei Jahren tapfer gegen die russische Übermacht. Und die Begegnung mit ukrainischen Vertretern und ihrem unbedingten Freiheitswillen macht mich zuversichtlich, dass die Ukraine den Krieg gewinnen kann. Das hängt aber ganz maßgeblich davon ab, dass wir ihr das geben, was sie braucht. An Tapferkeit mangelt es in der Ukraine nicht. Wir im Westen sind verpflichtet, alles in unserer Macht Stehende zu tun, damit am Ende Recht und Freiheit die Oberhand behalten.

KNA: Ein wichtiger Aspekt sind Waffenlieferungen. Rheinmetall in Düsseldorf etwa ist ein wichtiges Unternehmen, das die Ukraine beliefert. Wie beurteilen Sie den Beitrag der Rüstungsindustrie speziell in NRW? Läuft alles so, wie Sie es sich vorstellen?

Liminski: Wir sind in Nordrhein-Westfalen Heimat mehrerer großer Rüstungsunternehmen. Wenn hier Waffen für jene produziert werden, die sie zur Verteidigung von Recht und Freiheit einsetzen, dann sind wir stolz darauf. Für mich ist zwar wichtig, dass wir eine politische Kultur der Zurückhaltung beim Einsatz deutscher Waffen im Ausland bewahren. Aber bei einem Krieg wie in der Ukraine kann man nicht bei jedem Waffensystem aufs Neue die Grundsatzfrage stellen. Zögern und Zaudern kostet in der Ukraine täglich Menschenleben. Es sind deutsche Waffen, die helfen, Leben zu schützen – so deutlich müssen wir es sagen. Wir müssen klarmachen: Dieser Krieg wäre in dem Moment zu Ende, in dem Russland seine Waffen niederlegt. Er wäre aber nicht zu Ende, wenn die Ukraine ihre Waffen niederlegt. Dann würden Unrecht, Tod und Sterben weitergehen.

KNA: Die Ukraine versucht derzeit verstärkt, ins Ausland geflüchtete Männer zur Rückkehr zu bewegen, damit sie im Krieg kämpfen. Deshalb werden wehrfähigen Ukrainern im Ausland keine neuen Reisepässe mehr ausgestellt. Das betrifft auch Flüchtlinge in NRW. Finden Sie das richtig?

Liminski: Ich kann verstehen, dass der ukrainische Staat alles unternimmt, um die eigene Verteidigungsfähigkeit sicherzustellen. Gleichzeitig kann ich verstehen, dass es für die betroffenen jungen Männer eine existenzielle Frage ist. Das muss die Ukraine letztlich für sich selbst organisieren. Wir sind in Deutschland und Nordrhein-Westfalen gut beraten, an dieser Stelle zurückhaltend zu sein.

KNA: Papst Franziskus ist international kritisiert worden, weil er der Ukraine “Mut zur weißen Fahne” und zu Verhandlungen unter internationaler Vermittlung nahegelegt hat. Wie stehen Sie als Katholik dazu?

Liminski: Diese Äußerung hat in Deutschland zu sehr viel Unverständnis geführt, auch bei mir selbst. Deshalb habe ich mich erkundigt und erfahren, dass er das auf Nachfrage in einem Interview mit einem Schweizer Kulturmagazin zur Farbe Weiß gesagt hat. Das erklärt es, entschuldigt es aber nicht. Mir zeigt das zum einen: Wenn ein Papst sich zu Krieg und Frieden äußert, sollte das in einer angemessenen Umgebung stattfinden. Zum anderen muss unterschieden werden zwischen religiösen und politischen Fragestellungen. Pazifismus ist per se nichts Schlechtes. Aber gegenüber einem Feind wie Russland reicht das nicht, um Frieden in Europa herbeizuführen. Man muss Franziskus aber zugutehalten: Er erinnert bei jedem Gottesdienst und bei jeder Audienz an das Schicksal der Ukrainer – und trägt damit zu Solidarität bei.