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Lego-Städte: Wie Kinder in Kirchengemeinden ihre eigene Stadt bauen

Mit Legosteinen entstehen in kirchlichen Gemeindehäusern Fantasiestädte, die Kinder und Eltern an die Kirche heranführen und neue Zugänge zum Glauben eröffnen.

Das Lego-Fieber nutzen auch Kirchengemeinden - und laden deutschlandweit zu sogenannten "Lego-Städten" ein.
Das Lego-Fieber nutzen auch Kirchengemeinden - und laden deutschlandweit zu sogenannten "Lego-Städten" ein.Ev. Kirchengemeinde Malmsheim

Begeistertes Lego-Bauen im Gemeindehaus in Renningen-Malmsheim nahe Stuttgart: 75 Kinder stehen an Tischen und erschaffen auf insgesamt 16 Meter langen Bauplatten ihre Fantasiestadt, völlig frei und ohne Bauanleitung.

Zwei zwölfjährige Jungs haben den Geldspeicher von Dagobert Duck gebaut, in dem sich viele kleine gelbe Legosteine befinden, und ein Ruderboot, mit dem im „Gold“ gepaddelt werden kann. Ein Mädchen präsentiert ihre Villa „mit Security, einem Affen und einem großen Balkon.“ Stolz zeigt Henry sein Gefängnis: „Die Gefangenen haben es richtig gut, die haben sogar ein Schwimmbecken.“ Sollten die Häftlinge aber aus dem Gefängnis ausbrechen, alarmieren Bären, die im Außenbereich unterwegs sind, die Polizisten, wie er erklärt.

Lego-Städte verbinden Glauben und Kreativität in Gemeinden

„Lego-Städte“ heißen die Veranstaltungen, die viele Kirchengemeinden anbieten. Die Idee stammt vom Sozialpädagogen Gerhard Windhövel aus der Nähe von Wuppertal, der schon in den 1980er-Jahren damit begann, Kindern den Glauben mithilfe von Lego-Bauaktionen zu vermitteln und Kirchen in ganz Deutschland mit seiner Lego-Stadt besuchte.

Heute gibt es mindestens 35 christliche Lego-Anbieter im deutschsprachigen Raum. So wie Stefan Greiner vom Kids-Team Karlsruhe, der mit seinem Anhänger mit insgesamt einer halben Million Legosteinen pro Jahr 30 bis 40 Kirchengemeinden und Schulen besucht. Alle Steine sind nach einem klaren System in Kisten sortiert, sodass die Kinder schnell finden, was sie brauchen.

Kinder bauen in der Lego-Stadt in der Evangelischen Kirchengemeinde Malmsheim in Renningen
Kinder bauen in der Lego-Stadt in der Evangelischen Kirchengemeinde Malmsheim in RenningenEv. Kirchengemeinde Malmsheim

„Wir kommen gerne in die Gemeinden, um eine tolle Lego-Stadt zu bauen und den Kindern biblische Geschichten zu erzählen und ihnen die Liebe Gottes näherzubringen“, sagt Greiner, der wie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine orangefarbene Bauarbeiterweste trägt. Dann läutet er eine Glocke. Es ist „Baupause“. Die Kinder stärken sich bei Snacks und Getränken, singen christliche Lieder und hören eine biblische Geschichte, bevor es in die zweite Bauphase geht.

Warum Lego-Städte in der Jugendarbeit gut funktionieren

Viele Kirchengemeinden sind für das Angebot einer Lego-Stadt dankbar: „Durch das Stichwort Lego hat man sofort offene Türen, weil auch Eltern viele positive Kindheitserfahrungen mit Lego verbinden“, sagt Diakon Andreas Heitz von der Kirchengemeinde Malmsheim. Die Lego-Stadt sei für viele Kinder und Eltern eine Erstbegegnung mit der Gemeinde „und zeigt, wie Kirche sein kann.“ Bereits zum sechsten Mal bietet seine Gemeinde eine Lego-Stadt an. Damit möglichst viele Kinder zum Zug kommen, gibt es zwei Veranstaltungen für insgesamt 150 Kinder hintereinander. Und trotzdem ist die Warteliste lang.

Lego-Bauaktionen bieten einen einfachen Zugang zur Kirche und zeigen, wie offen und kreativ Gemeindearbeit heute sein kann
Lego-Bauaktionen bieten einen einfachen Zugang zur Kirche und zeigen, wie offen und kreativ Gemeindearbeit heute sein kannEv. Kirchengemeinde Malmsheim

„Das Angebot einer Lego-Bauaktion ist nur eine von vielen Ideen, die in der Kinder- und Jugendarbeit inzwischen erfolgreich umgesetzt werden“, erklärt Wolfgang Ilg, Professor für Jugendarbeit und Gemeindepädagogik an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg. Lego biete sich dabei besonders an, weil das alle Kinder kennen.

Angebote bieten niedrigschwelligen Einstieg in die Kirchengemeinde

Solche offenen Angebote in Kirchengemeinden wie Lego-Städte, Ferienkinos im Gemeindehaus oder ein Baumhaus-Camp seien keine Verlegenheitslösungen, sondern können zu einem Erstkontakt mit der Kirche verhelfen, der heutzutage eben nicht für alle Kinder durch Kindergottesdienste und Jugendangebote gegeben sei, betont auch er. „Die Schwellen möglichst niedrig zu halten, das kann man schon von Jesus lernen, der auf die Menschen seiner Zeit ohne Vorbehalte zuging.“

Nach zwei Tagen Bauen wird die Lego-Stadt in Rennigen-Malmsheim nach einem Familiengottesdienst feierlich eröffnet. Die Eltern können bestaunen, was ihre Kinder so alles geschaffen haben. Den jungen Baumeistern hat es gefallen: „Ich fand es super, dass man komplett kreativ etwas bauen konnte, worauf man Lust hat“, sagt Theodor, der einen zwei Meter hohen „Theo-Turm“ gebaut hat. Und Henry ergänzt: „Zuhause habe ich nur eine Lego-Kiste. Hier kann man viel mehr bauen.“