Nach dem Bruch eines Kirchenasyls in Hamburg hat der Landeskirchliche Beauftragte bei Senat und Bürgerschaft der Stadt Hamburg, Thomas Kärst, die Bedeutung des Dialogs zwischen Kirche und Politik betont. Die Beibehaltung des Dialogs sei wichtig, um bei politischen Entscheidungsträgern das Verständnis zu fördern, sagte Kärst im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ein 29-jähriger Afghane war am Montag in Hamburg aus dem Kirchenasyl heraus nach Schweden abgeschoben worden.
epd: Setzt die aktuelle Migrationsdebatte das Kirchenasyl noch einmal besonders unter Druck?
Thomas Kärst: Leider ja – in Zeiten, in denen politische Maßnahmen auf Abschottung und verschärfte Asylregelungen abzielen, wird das Verständnis für Flüchtlinge und ihren Schutz insgesamt geringer. In den vergangenen Monaten sind bundesweit mehrere Kirchenasyle von den Behörden beendet worden. Andererseits ist das Kirchenasyl gerade in diesen Zeiten eine letzte Hoffnung für geflüchtete Menschen. Es geht darum, in Einzelfällen noch einmal genau hinzuschauen und eine humanitäre Lösung zu finden.
epd: Wie können Gemeinden oder auch die evangelische Nordkirche das Kirchenasyl in die Gesellschaft hinein erklären?
Kärst: Wir sollten verstärkt auf die Gründe und die ethischen Prinzipien hinweisen, die hinter dieser Tradition stehen. Es geht nicht darum, sich über Gesetze hinwegzusetzen. Kirchenasyl ist ja kein Selbstzweck. Es soll vielmehr ermöglichen, dass Härtefälle noch einmal sorgfältig überprüft werden. Kirchengemeinden gewähren es dann, wenn Menschen von Abschiebung bedroht sind und erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung bestehen. Ich finde: Es macht eine Gesellschaft doch insgesamt menschlicher, wenn so etwas im Einzelfall und im geschützten Raum der Kirche möglich ist.
epd: Wie kann die Nordkirche das Kirchenasyl gegenüber der politischen Stimmung stärken?
Kärst: Indem wir wie bisher jedes Kirchenasyl möglichst gut begründen und einzelne Fälle auch öffentlich darstellen. Wenn zum Beispiel schwer kranke Menschen in ein Land abgeschoben werden sollen, in dem sie keine angemessene Behandlung bekommen werden – da sieht doch jeder, dass das nicht geht. Und wir sollten „Spur halten“: Als Kirche werden wir uns immer für Menschenrechte und einen fairen Umgang mit Flüchtlingen einsetzen. Schließlich sind Mitgefühl, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit ganz grundlegende Werte des Christentums. Zugleich müssen wir mit politischen Entscheidungsträgern im Dialog bleiben, um Verständnis zu fördern und auf die Bedeutung dieser humanitären Praxis hinzuweisen. Ich erlebe bei Politikern immer wieder eine große Sympathie dafür, wie Kirchengemeinden sich für Geflüchtete einsetzen – und auch für das Kirchenasyl.