Trotz eines erfolgreichen Eilantrags gegen seine Auslieferung ist ein deutscher Staatsangehöriger am Freitag den ungarischen Behörden übergeben worden. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gab am Freitagvormittag nach eigenen Angaben einem entsprechenden Eilantrag statt. Eine knappe Stunde zuvor war Maja T. den Angaben zufolge aber bereits an Ungarn ausgeliefert worden (Az. 2 BvQ 49/24).
Die ungarischen Justizbehörden werfen T. demnach vor, Mitglied einer kriminellen Vereinigung zu sein. Im Februar 2023 soll T. gemeinsam mit weiteren Personen Sympathisanten der rechtsextremen Szene in Budapest angegriffen und verletzt haben.
Das Kammergericht Berlin hatte den Angaben zufolge die Auslieferung am Donnerstag für zulässig erklärt. T. wurde daraufhin am Freitagmorgen „zwecks Durchlieferung“ an die österreichischen Behörden übergeben. Das Bundesverfassungsgericht ordnete dagegen an, T. bis zu einer endgültigen Entscheidung über eine Verfassungsbeschwerde nicht auszuliefern.
Unter anderem der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein protestierte gegen die Auslieferung. Das ungarische Justizsystem entspreche nicht rechtsstaatlichen Standards. Als non-binäre Person sei Maja T. in Ungarn besonders gefährdet. Selbst das Kammergericht Berlin habe festgestellt, dass die Politik der aktuellen ungarischen Regierung als gender-, homo- und transfeindlich bezeichnet werden müsse. Angela Furmaniak vom Vorstand des Vereins sprach von einer „Nacht- und Nebelaktion“ deutscher Behörden, die effektiven Rechtsschutz in Form eines Eilantrags verhindere.
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin betonte, es sei nicht ersichtlich, dass es in dem ungarischen Verfahren gegen die 23-jährige Person zu staatlichen Eingriffen in die richterliche Unabhängigkeit komme. Zudem seien durch die ungarischen Behörden menschenrechtskonforme Haftbedingungen zugesagt worden.
Die Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) erklärte am Freitag in Berlin, es sei bekannt, dass die Haftbedingungen in Ungarn nicht menschenrechtlichen Standards entsprechen. Trotzdem machten sich das Berliner Kammergericht und die Polizei zum „Handlanger der rechtsextremen ungarischen Regierung“.
Seit vielen Jahren könnten in Ungarn Neonazis faktisch ungehindert das NS-Regime und dessen Kollaborateure verherrlichen, weil das dortige Rechtssystem wesentlich mehr erlaube als in Deutschland und anderen europäischen Staaten, kritisierte die Vereinigung. Eine Auslieferung von Maja T. sei auch ein fatales Signal an rechte und rechtsextreme Kreise in Deutschland.
Der Linken-Co-Vorsitzende Martin Schirdewan nannte die Auslieferung „eine Schande für Deutschland“. In Ungarn herrsche unter politisch aktiven Menschen wegen Willkürmaßnahmen ein Klima der Angst. Es sei unerträglich, dass Deutschland Menschen an Autokraten ausliefere, statt ein rechtsstaatliches Verfahren vor eigenen Gerichten sicherzustellen.