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Klimaaktivisten stören Scholz-Veranstaltung auf Katholikentag

Beim Katholikentag in Erfurt sorgen die Auftritte von Bundeskanzler Scholz und Vizekanzler Habeck für besonderes Interesse. Thematisch geht es weiter um Frieden, gesellschaftlichen Zusammenhalt und kirchliche Reformen.

Klimaaktivisten der “Letzten Generation” haben am Freitag auf dem Katholikentag in Erfurt eine Veranstaltung mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) massiv gestört. Der Kanzler reagierte sichtlich genervt: “Sie müssen ein bisschen zuhören und nicht ihr Theater-Sprech aufsagen, den Sie vorher in Agitationsgruppe geübt haben, das geht so nicht.” Das Publikum applaudierte, und die Störer wurden aus dem Raum geführt. Die Organisatoren des Katholikentags boten ihnen weitere Gespräche an. Auch sie sorgten sich um die Bewahrung der Schöpfung.

Der Freitag beim Katholikentag stand vor allem im Zeichen der Polit-Prominenz. Scholz und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) lobten den Einsatz von Kirchenmitgliedern für den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Habeck diskutierte unter anderem über Klimaschutz und die soziale und gerechte Ausgestaltung des Klimageldes. Scholz sprach bei einer Veranstaltung zum Thema “Gemeinschaft stärken – Gesellschaft gestalten” und besuchte später auch die Kirchenmeile. Am Morgen hatte er demonstrativ die Alte Synagoge in Erfurt besucht.

Habeck wurde mit viel Beifall in der voll besetzten Alten Oper empfangen. Der Wirtschaftsminister, der sich in einem Interview als “säkularen Christen” bezeichnet hatte, entschuldigte sich, dass er zum ersten Mal auf einem Katholikentag dabei sei. Er würdigte den Beitrag katholischer Einflüsse auf das Grundgesetz. “Das, was die Republik im Kern zusammenhält, nämlich das Modell der sozialen Marktwirtschaft, wäre ohne die katholische Soziallehre nicht denkbar gewesen”, sagte er.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zeigte sich zur Halbzeit des Katholikentags positiv überrascht. “Alles, was ich hier bisher auf mich habe wirken lassen können, ist sogar deutlich über meinen Erwartungen”, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). “Ich tanke hier Stunde um Stunde meine Seele auf”, fügte der Protestant hinzu und lobte das gute ökumenische Miteinander.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, drängte erneut auf raschere Reformen in der katholischen Kirche. Er mache sich oft Sorgen, dass vieles sehr langsam gehe, sagte er bei phoenix. Gerade in Deutschland, aber nicht nur dort, sei bei vielen Katholikinnen und Katholiken die Geduld allmählich am Ende.

Forderungen aus dem deutschen Reformprojekt Synodaler Weg lägen auf dem Tisch und beträfen große Teile der Welt, fügte der Limburger Bischof hinzu. Konkret nannte er Fragen nach der Rolle der Frauen, nach der Sexualmoral, nach dem Priesteramt und nach Gewaltenteilung und Beteiligung von Laien.

Vertreter der großen Religionen warben dafür, das Friedenspotenzial der Religionen stärker zu nutzen. Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, und der katholische Augsburger Bischof Bertram Meier riefen zu einem “klaren Wort gegen extremistische Haltungen in allen Religionsgemeinschaften” auf: “Wir müssen uns gegen Antisemitismus, gegen anti-muslimischen Rassismus, gegen jede Form von Herabwürdigung stellen.”

Der Mainzer katholische Bischof Peter Kohlgraf warnte vor gemeinsamen europäischen Atmowaffen. Abschreckung funktioniere nur dann, wenn man auch dazu bereit sei, diese Waffen wirklich einzusetzen, sagte er: “Wollen wir das wirklich? Bedenken wir die Folgen”.

Eine Verteidigung dürfe nicht mehr Schaden anrichten als die Bedrohung, auf die sie reagiere, sagte Kohlgraf, der auch Präsident der internationalen katholischen Friedensbewegung “Pax Christi” in Deutschland ist. Eine nukleare Abschreckung dürfe immer nur eine befristete Möglichkeit sein, mit dem Auftrag, eine Friedensordnung zu gestalten. Dieser Gedanke scheine ihm derzeit völlig verschwunden zu sein.

Zudem werde aktuell zu wenig über eine Nachkriegsordnung in der Ukraine nachgedacht. “Haben wir eine Idee, wie eine Friedensordung nach diesem Konflikt aussehen kann?”, fragte Kohlgraf. Solch eine Zielperspektive zu liefern, sei auch Aufgabe einer christlichen Friedensbewegung.