FRANKFURT A. M. – Ende Mai dieses Jahres versammelten sich amtierende und ehemalige Mitglieder des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am historischen Ort. Im nordhessischen Treysa (heute Schwalmstadt) erinnerten sie an die Gründung der EKD vor 70 Jahren. Als Geburtstag der EKD gilt der 31. August 1945. Nach kontroversen Debatten wurde mit dem Ende der Kirchenversammlung von Treysa eine vorläufige Ordnung der EKD wirksam. Schon mit der Namensgebung wurde signalisiert, dass nicht Kontinuität mit der Vorgängerin, der Deutschen Evangelischen Kirche, sondern Neubeginn Ziel war. Zugleich nahm der Rat der EKD aus zwölf Personen seine Arbeit auf, der eine endgültige Ordnung vorbereiten sollte.
Erst nach Bildung von Landessynoden und Kirchenleitungen in den Landeskirchen kam es zu Fortschritten. Auf der zweiten Kirchenversammlung von Treysa im Juni 1947 wurde ein Verfassungsausschuss berufen, um einen Entwurf für eine Grundordnung der EKD vorzubereiten. Diese Grundordnung wurde von der Kirchenversammlung in Eisenach am 13. Juli 1948 einstimmig verabschiedet.
Nach der Grundordnung ist die EKD ein Bund lutherischer, reformierter und unierter Kirchen. Theologisch und kirchenrechtlich galt sie nicht als Kirche, sondern als Kirchenbund. Die Befugnisse der EKD sind in innerkirchlichen Angelegenheiten gering. Für theologische Fragen wie Bekenntnis, Verkündigung und Gottesdienstordnung blieben die Landeskirchen und konfessionellen Zusammenschlüsse zuständig. Die Aufgabe der EKD lag vor allem darin, gesamtkirchliche Aufgaben gegenüber Politik und Gesellschaft wahrzunehmen.
Im geteilten Deutschland blieb die EKD zunächst die einzig verbliebene gesamtdeutsche Organisation. Mit dem Bau der Mauer 1961 wurde es von der DDR-Führung durch Reiseverbote zunehmend erschwert, diese Einheit zu leben. Unter dem Druck der Verhältnisse bildeten die acht östlichen Landeskirchen 1969 den Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR. Beide Kirchenbünde bekannten sich zur besonderen Gemeinschaft der evangelischen Christen in Deutschland.
Die institutionelle Schwäche der EKD veranlasste die Synode 1970, eine engere Gemeinschaft der Kirchen zu etablieren. Diese Initiative mündete 1974 in eine neue Grundordnung, die mehr Gewicht durch integrative Aufgaben für die EKD vorsah. Gestoppt wurde diese Reform in der Landessynode Württemberg. Eine vollständige Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft zwischen reformierten, lutherischen und unierten Kirchen wurde erst 1984 erreicht. Seither wird die Ordination der Pfarrer von den Landeskirchen wechselseitig anerkannt.
Nach der staatlichen Wiedervereinigung Deutschlands kam es ein Jahr später zur Zusammenführung der EKD und des Kirchenbundes durch das Wiederaufleben der seit 1969 ruhenden Mitgliedschaft der acht östlichen Landeskirchen. Die EKD umfasste danach 24 Landeskirchen mit 29 Millionen Mitgliedern. Mit dem seit 2007 wirksamen Verbindungsmodell sollen Organe und Dienststellen der EKD und konfessionelle Zusammenschlüsse verzahnt werden, um Kräfte zu konzentrieren und Doppelstrukturen zu vermeiden. Die Straffung soll zu einer klareren evangelischen Profilierung führen, ohne die Bekenntnisunterschiede einzuebnen. Dieser Prozess soll bis 2017 abgeschlossen sein. Nach mehreren Fusionen gehören zur EKD heute 20 Landeskirchen mit 22,5 Millionen Mitgliedern.