Robert Geisendörfer war unzufrieden. Zwei Jahre nach der Gründung des Gemeinschaftswerks des Evangelischen Publizistik (GEP) sprach der Gründungsdirektor vor dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Seine erste Bilanz war durchwachsen: Das GEP sei in Teilen unterfinanziert, die Skepsis der Landeskirchen gegenüber der zentralen Einrichtung groß, und auch zum Verhältnis des Gemeinschaftswerks zur verfassten Kirche sagte Geisendörfer den Kirchenleitenden klare Worte: Publizistische Arbeit lasse sich nicht mit der Arbeit einer kirchlichen Behörde vergleichen, die Herstellung publizistischer Produkte brauche ein „Mindestmaß von autonomen Arbeitsabläufen“. Publizistik brauche Freiheit.
Am 4. Oktober feiert das GEP sein 50-jähriges Bestehen im Rahmen des Evangelischen Medienkongresses in Frankfurt am Main. Freiheit, Föderalismus und Finanzen setzen bis heute den Rahmen und die Grenzen für die Arbeit im Gemeinschaftswerk. Mit seinen reichweitenstarken Marken wie dem Evangelischen Pressedienst (epd), „chrismon“, „evangelisch.de“, „yeet“ und der Rundfunkarbeit mit „Wort zum Sonntag“ und „ZDF-Fernsehgottesdienst“ hat es sich längst zum unverzichtbar erscheinenden Medienkompetenzzentrum in der evangelischen Kirche entwickelt. 12,8 Millionen Euro fließen derzeit aus dem EKD-Etat jährlich an das GEP, hinzu kommen Erlöse aus Abonnements, Anzeigen, diversen Dienstleistungen und Spenden.
Die Satzung der gemeinnützigen GmbH nennt evangelische Publizistik als Funktion der Kirche, sie umfasse „eigenständige Entscheidungsfreiheit und kirchliche Verpflichtung in gleicher Weise“. Geisendörfer, Pfarrer aus Bayern, EKD-Fernsehbeauftragter und wesentlicher Antreiber der kirchlichen Gremien bei der GEP-Gründung, drückte es eingängiger aus: „Was evangelische Publizistik kann: Etwas öffentlich machen, Fürsprache üben, Barmherzigkeit vermitteln und Stimme leihen für die Sprachlosen.“
Geisendörfer, der 1976 mit 65 Jahren starb, forderte gegenüber den Kirchenleitungen stets Freiheit für die evangelische Publizistik ein, um dieses Diktum zu erfüllen und das GEP auf dem säkularen Markt der Massenmedien mit dezidiert journalistischen Angeboten wie denen des epd zu behaupten. Und auch heute betont der seit 2002 amtierende Geschäftsführer und Direktor des GEP, Jörg Bollmann, dass die evangelische Publizistik geradezu verpflichtet sei zu einer unabhängigen und kritischen Begleitung christlicher Lebenswirklichkeiten und kirchlicher Vorgänge.
Kräfte bündeln in der föderalen Landschaft der evangelischen Landeskirchen war Anfang der 70er Jahre das wesentliche Ziel bei der GEP-Gründung. Noch mehr als vor 50 Jahren ist der Erfolgsdruck hoch: In der fragmentieren Medienwelt müssen heute deutlich mehr Ausspielwege und Formate bedient werden, zugleich sinken die Mitgliederzahlen der evangelischen Kirche und in der Folge die Einnahmen deutlich. Bis zum nächsten Jahr muss das GEP 1,9 Millionen Euro jährlicher Kosten abbauen. Eine Folge dieser Restrukturierung: Die zum Gemeinschaftswerk gehörende Evangelische Journalistenschule in Berlin wurde trotz öffentlicher Proteste geschlossen, nachdem die EKD als Hauptgesellschafter zusätzliches Geld zu deren Erhalt nicht aufbringen wollte und alternative Finanzierungen nicht zustande gekommen waren.
Der langjährige Direktor Bollmann, der im nächsten Jahr in Ruhestand geht, hält angesichts der finanziellen Lage der Kirche eine stärkere Verzahnung mit den Medienhäusern der Landeskirchen für geboten. Ein erster Schritt war in diesem Jahr die Übernahme von 51 Prozent der Anteile am Medienhaus der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) durch das GEP. Für das nächste Jahr ist der Umzug der Beschäftigten des EKHN-Medienhauses in das GEP-Gebäude im Frankfurter Mertonviertel geplant, das dafür umgebaut und modernisiert wird. Rund 180 Mitarbeitende wird das gemeinschaftliche Medienunternehmen beschäftigen.
Bollmann sagt, er hoffe auf weitere Kooperationen. Denn die großen Reichweiten der publizistischen Marken seien die Stärke des GEP. Nur so gelinge es, im Sinne der evangelischen Publizistik eine starke Stimme für die Schwachen in der Gesellschaft zu sein.