Diözesanforum, Synodalpastoralrat, Diözesanrat? Drei Begriffe, die eins versprechen: synodale Strukturen zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung. Kirchenrechtler Thomas Schüller bilanziert den Stand der Dinge.
Beim katholischen Reformprozess Synodaler Weg war man sich einig: “Auf der Ebene der Diözesen bedarf es synodaler Strukturen, die ein Gegenüber zum Bischof und ein Miteinander mit ihm organisieren”, heißt es 2022 im Grundtext “Macht und Gewaltenteilung in der Kirche”. Was ist aus dieser Forderung geworden?
In Freiburg soll das 2022 eingerichtete Diözesanforum alle zwei Jahre tagen. In Essen berät ein neuer Gemeinsamer Rat den Bischof und in Berlin gibt es nun einen Synodalpastoralrat. Die Begriffe wirken auf den ersten Blick verwirrend. Kirchenrechtler Thomas Schüller analysiert die Neuerungen in den einzelnen Bistümern.
Schüller sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), deutsche Diözesen würden der päpstlichen Empfehlung zur Einrichtung eines Diözesanpastoralrates nachkommen. Die konkreten Namen seien auf örtliche Gegebenheiten zurückzuführen. Aktuellstes Beispiel: Trier. Im November nimmt hier ein neuer Rat die Arbeit auf.
Der Diözesanrat soll nach Bistumsangaben pastorale Rahmensetzungen und Entwicklungsperspektiven sowie die entsprechende Verwendung der Haushaltsmittel der Diözese beraten und beschließen – und die Beschlüsse zur Inkraftsetzung dem Bischof vorlegen.
Schüller, der Mitglied im Synodalen Ausschuss ist, dem Gremium, das an den Themen des Synodalen Wegs weiterarbeiten soll, bescheinigte dem Bischof von Trier, er mache “genau das Richtige”: Stephan Ackermann bündele alle Kompetenzen des Bistums in einem Gremium: “mit Finanzen und Geld, Klerikern, Laien, Ordensfrauen – das bunte Tableau an Begabung und Talenten” und schaffe ein wirklich effizientes Gremium, das guten Rat geben werde.
Die meisten deutschen Diözesen hatten schon vor Jahren ein synodales Gremium auf Bistumsebene eingerichtet. Dort formen Verantwortliche ihre Rätestruktur jetzt entsprechend um. Wo es – wie etwa in Essen – bisher kein solches Gremium gab, habe Bischof Overbeck jetzt zum ersten Mal ein synodales Gremium eingeführt, erklärte Schüller.
Der Kirchenrechtler sieht bei den Reformvorhaben der Bistümer die Tendenz, verschiedene diözesane Räte zusammenzuführen. Zudem beobachte er bei den Verantwortlichen die Neigung, dem Rottenburger Modell zu folgen. In Rottenburg habe man schon länger erkannt, dass Pastoral und Geld zusammengehören. So könnten kompetente Frauen und Männer über die Schwerpunkte der Pastoral mitberaten und entscheiden.
Gleichzeitig könnten sie danach schauen, ob für geplante pastorale Projekte auch Geld vorhanden sei. Der Kirchenrechtler erwartet, dass dem Beispiel Rottenburg-Stuttgart folgend, nicht nur Trier Synergien zusammenziehe. Dabei spiele auch die abnehmende Zahl in der Sache kompetenter Ehrenamtlicher eine Rolle.
So zeige es einen “ressourcenschonenden Umgang mit Ehrenamtlichen”, wenn in diesen Gremien die Expertinnen und Experten in Glaubens- und Finanzfragen an einem Tisch säßen: Kleriker, Laien, Ordenschristen und andere Frauen und Männer. Im Ergebnis entstehe ein Gremium, das den Bischof berate, mit ihm Entscheidungen treffe, die der Bischof dann, wenn er keine dogmatischen Bedenken habe, in Kraft setze. “Das hat eine ganz andere Kraft, als wenn er mit acht Gremien immer das gleiche debattiert und dann am Ende sagt: Okay, dann mach ich das so oder so”, ergänzte Schüller.
Anliegen der Räte ist es, die bisher schwach ausgeprägten Beteiligungsrechte auszuweiten und die Gremien nicht nur beraten, sondern auch entscheiden zu lassen. In Trier wird das laut Schüller sehr gut gelöst – der Bischof setze die Beschlüsse des Rates in Kraft, weil er die Autorität dazu habe. Das Verfahren ist auch auf Konfliktfälle vorbereitet: Wenn der Bischof aus Gründen des Glaubens und des übergeordneten Rechts einem Ratsbeschluss widersprechen muss, gibt es ein Konfliktverfahren. Ziel ist, sich im Konsens zu einigen.
“Das finde ich sehr gut, das ist urkirchlich. So hat man früher auf Synoden Konflikte gelöst”, so Schüller. Hier sieht er die Diözesen auf einem guten Weg. Diözesane Räte: beteiligen oder nicht? Doch bei allem Optimismus bezüglich der kirchenrechtlichen Theorie kommt es auf die gelebte Praxis vor Ort an.
Schüller berichtete, es gebe Diözesen, in denen die Bischöfe pro forma synodale Gremien installierten und diese ab und zu zusammenriefen. Wenn man sich aber deren Tagesordnungen anschaue, werde klar: “Man lässt über Peanuts oder abstrakt theologisch-pastorale Fragen beraten, die keine direkten Kontaktpunkte zum Leben einer Diözese haben.”
Wie weit die synodalen Räte auf Diözesanebene relevante Entscheidungen zu treffen haben, bleibt zu prüfen. Schüller berichtete, dass der Vorstand des Diözesanrats in Trier mit dem Bischof gemeinsam über die zu verhandelnden Themen entscheidet, ähnlich wie das Präsidium des entsprechenden Rates in Limburg.
Doch in Diözesen wie etwa Köln entscheide der Kardinal allein, worüber er sich beraten lassen wolle. “Wenn er sagt, das Thema ist zwar wichtig, aber ich bin entschieden, dann holt er den Rat nicht ein”, so Schüller.
Ein wirklich synodal geneigter Bischof lasse alles Wichtige beraten und sei außerdem bereit, auf guten Rat zu hören. In Rottenburg, Limburg, Freiburg, Fulda, Mainz, Trier, München, Bamberg, Würzburg und anderen Bistümern werde das gut gemacht. “Die allermeisten nehmen das schon sehr ernst.”
Das hält Schüller für eine uralte kirchliche Tradition: “Im guten Rat zeigt sich der gute Geist Gottes und nicht unser partikulares Interesse.”