Das Bundesverfassungsgericht nimmt den weltweiten Einsatz von US-Militärdrohnen ins Visier. Zwei jemenitische Staatsbürger wollen erreichen, dass Deutschland die aus ihrer Sicht völkerrechtswidrigen Tötungen stoppt.
Das Bundesverfassungsgericht muss über eine Verfassungsbeschwerde entscheiden, die weitreichende Grundfragen zur weltweiten gezielten Tötung durch Kampfdrohnen des US-Militärs aufwirft. In der mündlichen Verhandlung des Verfassungsgerichts am Dienstag warfen die Kläger der Bundesrepublik vor, der Steuerung von bewaffneten, unbemannten Flugkörpern über den US-Stützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz tatenlos zuzusehen.
“Die Airbase Ramstein ist für das US-Militär ein unverzichtbarer Knotenpunkt, um willkürliche Drohneneinsätze im Mittleren und Nahen Osten zu steuern”, sagte der Anwalt der Beschwerdeführer, Andreas Schüller. Deutschland trage deshalb eine Mitverantwortung für mögliche völkerrechtswidrige Tötungen.
Die Bundesregierung wies diese Argumentation zurück. Die Stationierung von US-Militär in Deutschland und Europa sei für eine “glaubwürdige Verteidigung und Abschreckung unverzichtbar” und heute vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine wichtiger denn je, betonte der Vertreter der Bundesregierung, Thomas Hitschler. Deutschland könne nicht verpflichtet werden, die Einsätze von militärischen Partnern weltweit zu kontrollieren.
Konkret muss das Verfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde von zwei jemenitischen Bürgern entscheiden. Sie führen an, dass bei einem US-Drohnenangriff in Jemen mehrere Mitglieder ihrer Familie getötet wurden. Unter den fünf Toten sei auch ein jemenitischer Geistlicher gewesen. Bis heute lebten sie und ihre Familie weiter in ständiger Angst, Opfer eines weiteren US-Drohneneinsatzes zu werden.
Die beiden Jemeniten argumentieren, die USA hätten bei dem Angriff im August 2012 völkerrechtswidrig fünf Zivilisten getötet. Und dies sei technisch nur möglich gewesen, weil kurz zuvor mit Erlaubnis der Bundesrepublik eine neue Satelliten-Kommunikationsstation in der Airbase Ramstein aufgestellt wurde. Über diese steuere das US-Militär bis heute die Drohnen im Mittleren und Nahen Osten.
Seit 2014 hatten die Jemeniten, die weiterhin im Jemen leben, vor deutschen Verwaltungsgerichten gegen die Baugenehmigung für die Satellitenstation geklagt. Zunächst erhielten sie in Teilen recht, das Bundesverwaltungsgericht wies die Klage aber ab.
Im Hintergrund des komplizierten Rechtsstreits steht auch die Frage, ob und wann im Ausland lebende Nichtdeutsche vor deutschen Gerichten auf die Einhaltung des Grundgesetzes klagen können. Und ob Deutschland eine weltweite Verantwortung für die Einhaltung des Grundgesetzes hat. Ein Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts ist in einigen Monaten zu erwarten.