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Justizministerin: Abtreibung hat im Strafrecht nichts verloren

Die Debatte über eine Liberalisierung der gesetzlichen Regeln zur Abtreibung geht auch in der aktuellen Bundesregierung weiter. Was die Justizministerin dazu sagt.

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) spricht sich für eine Liberalisierung der gesetzlichen Regeln zur Abtreibung aus. “Das sind sehr persönliche Entscheidungen, die für die betroffenen Frauen meist existenziell sind. In ihrem Interesse und auch in dem vieler Ärztinnen und Ärzte fände ich es hilfreich, klarzustellen, dass ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten nicht rechtswidrig ist. Für mich persönlich hat das Thema im Strafrecht nichts verloren”, sagte Hubig im Interview der “Zeit”.

Zugleich wisse sie, dass es sich um ein “heiß umkämpftes Thema” handele. Letztlich werde es wohl kein gemeinsames Vorhaben in dieser Legislaturperiode, erklärte die Ministerin.

Die Ampel-Regierung hatte in der vergangenen Legislaturperiode eine Kommission eingesetzt, die prüfen sollte, inwieweit eine Liberalisierung der Abtreibungsregelung möglich ist. Das Gremium hatte sich für eine Liberalisierung ausgesprochen und empfohlen, dass eine Abtreibung in den ersten zwölf Wochen nicht rechtswidrig sein soll. Die Bundesregierung legte aber keinen entsprechenden Gesetzentwurf vor.

Eine interfraktionelle Initiative vor allem von Seiten der Grünen, Linken und Teilen der SPD kam nicht mehr zur Abstimmung im Bundestag. Im Koalitionsvertrag der derzeitigen Bundesregierung ist lediglich vorgesehen, eine Ausweitung der Kostenübernahme für einen Schwangerschaftsabbruch zu prüfen.

In Deutschland sind Abtreibungen laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs rechtswidrig. In den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft bleibt eine Abtreibung aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Derzeit gibt es nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 100.000 Abtreibungen jährlich. Grundsätzlich müssen Frauen den Eingriff nach den derzeitigen Regelungen selbst bezahlen. Die Kosten werden aber übernommen, wenn das Nettoeinkommen der Frau niedriger als 1.500 Euro monatlich liegt.

Im September hatten die katholischen Bischöfe in Deutschland ihre Forderung nach einem umfassenden Lebensschutz erneuert. Sie lehnen eine Liberalisierung der Abtreibungsregelung ab, betonen aber zugleich, die Würde, das Wohlergehen und die Verletzlichkeit der Schwangeren im Blick zu behalten.

Die Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen hatte auch die Debatte um Frauke Brosius-Gersdorf bestimmt, deren Wahl als Verfassungsrichterin im Sommer scheiterte. “Es hat mich und viele andere in der Politik erschüttert”, betonte Hubig. “Das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz sollte geschwächt werden und wurde geschwächt.

Brosius-Gersdorf war von der SPD als Richterin für das Bundesverfassungsgericht vorgeschlagen worden. Sie war auch Mitglied der von der Ampel-Regierung eingesetzten Kommission. Die für Juli geplante Wahl kam nicht zustande, nachdem in der Unionsfraktion Vorbehalte gegen die Juristin wegen ihrer Haltung in der Abtreibungsfrage bekannt wurden.