Russland führt Krieg nicht nur mit Panzern und Drohnen. Auch weltweite Propaganda ist Teil der Strategie. Der Westen müsse dringend dagegenhalten, fordert Deutsche-Welle-Chef Peter Limbourg. Mit freien Medien.
Der Intendant der Deutschen Welle (DW), Peter Limbourg, fordert verstärkte Anstrengungen der demokratischen Staaten zu Gunsten der freien Medien. Russland, aber auch China und der Iran versuchten immer stärker, ihre Länder gegen die Verbreitung kritischer Informationen und Meinungen abzuschotten, sagte Limbourg in einem Interview der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Sonntag online). Zugleich böten Russland und China etwa ihre Programme im globalen Süden nicht nur kostenlos an, sondern zahlten Programmmachern hohe Summen, damit sie ihre Agenturen nutzten oder ihre Programme sendeten.
Mit Blick auf Russland sagte Limbourg, die Deutsche Welle sei dort nach wie vor stark präsent. Das Programm werde im Netz gut genutzt. Der deutsche Auslandssender verzeichne mehr als 10 Millionen wöchentliche Nutzerkontakte mit DW Russisch. “Wir sehen aber, dass die Spielräume immer enger werden. Noch können wir über einige soziale Medien nach Russland senden. Aber wir wissen nicht, wie lange noch”, sagte Limbourg. Die Zensur zu umgehen, werde immer schwieriger. “Meine Sorge ist, dass wir, wenn wir nicht genug tun, irgendwann nicht mehr in ausreichendem Maße die Menschen in Russland, die uns dort brauchen, erreichen.”
Limbourg forderte die Regierungen der demokratischen Staaten auf, Sender wie die Deutsche Welle, die BBC oder Voice of America darin zu unterstützen, Blockaden im Netz umgehen zu können. Die Sender könnten die Investitionen in Forschung und Technologie nicht allein schultern. “Wenn wir jetzt nicht damit anfangen, ist es bald zu spät. Russland ist auf dem Weg, sich total abzuschotten.” Vielen westlichen Politikern sei nicht klar, was diese weltpolitische Auseinandersetzung bedeute. “Wenn wir mit unseren Nachrichten und Informationen nicht mehr durchkommen, werden die Autokraten der Welt jubeln.”
Der Intendant verwies zugleich auf die Stärke der russischen Desinformationsbemühungen. Sie seien massiv und erfolgreich und richteten sich auch an die Menschen in Asien, Afrika und Südamerika. “Die Russen führen seit zehn Jahren einen Propagandakrieg gegen uns. Wir sind spät dran, wenn wir diese Bedrohung nicht wirklich ernst nehmen”, sagte Limbourg. So würden etwa vermeintliche DW-Videos und Nachrichten gefälscht. Noch sei das meist gut zu erkennen; mit zunehmendem Einsatz von Künstlicher Intelligenz werde es aber immer einfacher, Beiträge zu fälschen. “Unsere Beiträge brauchen entweder ein Wasserzeichen oder eine Verschlüsselung.”
Inhaltlich versuche etwa Russland sehr erfolgreich, den Westen mit dem Vorwurf des Kolonialismus zu treffen. “Wir werden als Teil des Westens gesehen, der angeblich Russland und seine Kultur angreife, die Vorherrschaft in der Welt suche”, sagte Limbourg. Er sprach von einem “Informationskrieg”, der den demokratischen Ländern aufgezwungen werde. “Wir wollten ihn nicht. Wir wollen freie Information und den Austausch von Meinungen.”