Ampeln sind wichtige Taktgeber im Straßenverkehr. Die Ampelregierung allerdings scheint aus dem Takt geraten zu sein. Dabei hat sie es gerade in den neuen Duden geschafft.
Die “Ampelregierung” hat es gerade als neues Wort in den dicksten Duden aller Zeiten geschafft – neben “Ampelpartei” und “Ampelkoalition”, die sich dort schon etabliert hatten. Doch wie lange sie sich im Wortschatz der Deutschen hält und wie lange sie politisch durchhält, scheint beides derzeit ziemlich ungewiss.
Die Ampel – abgeleitet aus dem lateinischen ampulla für kleine Flasche – ist in der Dauerkrise. Die Koalition aus SPD, FDP und Grünen sorgt für Wortschöpfungen wie Ampel-Drama, Ampel-Frust oder Hampel-Ampel. Die Ampel holpert durch Haushaltslöcher, wird zur Stillstandskoalition oder liegt mit den Bauern überkreuz, die ihr den Stecker ziehen wollen. Ampel-Lust, das war einmal.
Stop and Go. Umstritten ist, wer dafür verantwortlich ist, dass die Ampel meist auf Rot steht. Seit 1991 schon kennt der Duden den Begriff “Ampelkoalition” – weil damals in Brandenburg und Bremen erstmals solche Landesregierungen gebildet wurden. In englisch-sprachigen Zeitungen ist gelegentlich von “traffic light coalition” die Rede – das britische Standardlexikon Oxford Dictionary kennt allerdings nur den Begriff “rainbow coalition” als Bezeichnung für eine Regierung, die aus vielen (kleinen) Parteien gebildet wird.
Dass “die Ampel” weg muss, fordern viele. Deutschland wird aber zugleich von vielen Ampeln regiert – und auch die sind manchmal ziemlich unbeliebt. Denn “Wechsellichtzeichenanlagen”, wie sie im Behördendeutsch heißen, sind ein wichtiger Taktgeber im Land. Allein mehr als 130.000 Hightech-Anlagen sorgen im deutschen Straßenverkehr für Ordnung und Sicherheit, wie die Allianz-Versicherung ausgerechnet hat. Oft gibt es eigene Signale für Radfahrer oder Fußgänger – die allerdings nur Rot und Grün kennen.
Mittlerweile werden Ampeln auch als Träger für gesellschaftliche Botschaften genutzt. Städte wie Münster oder Frankfurt haben die Lichtsignalanlagen für Fußgänger mit gleichgeschlechtlichen Ampelfiguren ausgerüstet. Fulda hat Ampelfiguren mit Bischofsmütze, Mainz hat Mainzelmännchen und Schwäbisch Gmünd sein Wappentier – das Einhorn – auf einer Fußgänger-Ampel abgebildet.
Die Ampel-Symbolik hat sich auch über den Verkehr hinaus etabliert: In Pandemiezeiten hatten viele Schulen “CO2-Ampeln” aufgestellt, die zeigten, wann Zeit zum Lüften war. Anhand der Lebensmittelampel Nutri-Score sollen Verbraucher auf einen Blick erkennen, wie viel Fett, Zucker und Salz ein Lebensmittel enthält.
Für viele Verkehrsteilnehmer sind Ampeln ein Hass-Objekt: Statistiker haben ausgerechnet, dass jeder Autofahrer zwei Wochen seines Lebens an einer roten Ampel verbringt. Dabei ist das Prinzip Ampel älter als das Auto: Schon 1868 gab es in London eine Gaslaterne mit rotem und grünem Licht, die ein Polizist nachts per Hand bediente, um Unfälle mit Pferdekutschen zu verhindern. Doch nach drei Wochen explodierte sie und verletzte den Polizisten schwer.
So dauerte es bis 1914, bis in Cleveland in Ohio die erste grün-rote Ampel aufgestellt wurde, die elektrisch beleuchtet wurde. In den frühen 1920er Jahren erreichte die Ampel auch die Metropolen Europas. Paris regelte den Verkehr mit ihrer Hilfe bereits 1922. In Hamburg wurde in diesem Jahr die erste Ampel Deutschlands errichtet. 1924 führte auch Berlin diese Form der Verkehrslenkung ein: Die wohl berühmteste Ampel Deutschlands stand lange Zeit am Potsdamer Platz, dem damals verkehrsreichsten Platz Europas. In den 1930er Jahren kamen schließlich auch Fußgängerampeln hinzu, 1933 zunächst in Kopenhagen, 1937 auch in Berlin.
Dabei ist die Taktung in vielen Städten ein Politikum: Einige Kommunen lassen den Verkehr fließen, aber andere stören ihn künstlich. Auch die Rhythmen für Fußgänger und Radfahrer sind immer wieder umstritten. Mittlerweile gibt es Modellversuche mit Ampeln, die digital gesteuert und flexibel an die vorherrschende Verkehrssituation angepasst werden.
Das Grün-Rote-Farbmodell stammt übrigens aus der Schifffahrt, in der es für Backbord und Steuerbord stand. Dass die Farbe Grün für Fahren und Rot für Stopp steht, hat sich weltweit fest etabliert. Diese Symbolik dürfte allerdings in der Ampelkoalition heftig umstritten sein.