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„Ich denke, weil ich selbst beschenkt bin“

Heidemarie Langer über Advent und ihr neues Buch mit erfrischenden und überraschenden Erzählungen

Wie ein Geschenk-Paket im Advent oder zu Weihnachten möchten sie zu ihren Lesern kommen – die Geschichten von Heidemarie Langer. „Versteckte Geschenke“ heißt ihr neues Buch, erschienen im Luther-Verlag (Bielefeld). Wegbegleiter über sechs Wochen bis ins neue Jahr hinein sollen die erfrischenden und überraschenden Erzählungen sein, denen die Autorin Liedtexte, Bibelverse oder kurze Gedichte als „Dialogpartner“ gegenüberstellt. 40 Kalendergeschichten schenkt uns die in Minden geborene Theologin, die jetzt in Hamburg lebt. Thomas Krüger sprach mit Heidemarie Langer über die Adventszeit und „Versteckte Geschenke“.

Der Advent ist eigentlich eine Zeit der Besinnung. Doch viele erleben ihn eher als hektisch. Machen wir etwas falsch?
Ja, es ist sonderbar, dass wir Besinnung wünschen und doch immer wieder in der Hektik landen. Im Grunde steckt dahinter etwas sehr Mitmenschliches und Christliches: An Weihnachten schenkt sich Gott uns allen, indem er Mensch wird. Da stimmen wir ein und wollen alle beschenken, die uns nahe sind. Wenn es einmal im Jahr zur selben Zeit Millionen so ergeht, entsteht Hektik. Das kenne ich auch. Doch ich kann innehalten und mir sagen: Halt, ich schenke doch, weil ich selbst Beschenkte bin! Dann atme ich auf – und freue mich, andere zu erfreuen.

In „Versteckte Geschenke“ schreiben Sie: „Du musst nichts tun. Advent geschieht. Lass dich beschenken.“ Wie kommen wir denn zu einer solchen Haltung?
In allem Wesentlichen im Leben sind wir Beschenkte. Luft und Atem, das Licht, die Erde, die Liebe können wir nicht „machen“, sie schenken sich uns. Im Advent und in der Weihnacht feiern wir, dass wir vom Leben und vom Geist Gottes Beschenkte sind. Kleine Rituale im Advent können uns darauf hinweisen: Ich kann eine Kerze anzünden – dann schenkt sich mir das Licht.

Steckt in Ihren Texten für Advent und Weihnachten auch Biographisches?
Ja, in etlichen Geschichten, oft versteckt und umgeformt. Advent war für uns in der Kindheit immer eine besondere Zeit mit seinen Ritualen, mit Kerzen, Liedern, Backen und Geschenke-Ausdenken. In der Nachkriegszeit bedeutete Advent auch Hoffnung auf eine neue mitmenschliche Wirklichkeit. Gott will im Menschen geboren werden und zur Welt kommen. Dieser Glaube, den mir vor allem meine Großmütter vermittelten, hat mich geprägt.

In den Geschichten sprechen nicht Sie als Autorin selbst zu uns, sondern „der Tisch“, „die Kerze“, „die Weihnachtspredigt“ oder gar „der Esel“ aus dem Stall von Bethlehem. Klingt erst mal merkwürdig …
Gott kann uns nicht nur im Menschen begegnen, sondern in allen Dingen. Alles – ob Menschen, Natur oder Dinge – kann zu uns sprechen und uns in der Begegnung Gottes Geist erspüren lassen. Kinder wissen das. In meinen Geschichten wende ich mich an unser aller inneres Kind – und lasse die Dinge neu zu uns sprechen.  

Heidemarie Langer ist in Minden geboren und aufgewachsen. Die Theologin und Kommunikationswissenschaftlerin war unter anderem Studienleiterin in der Evangelischen Akademie Bad Boll. Sie ist Mitbegründerin der Bibliodrama-Bewegung, in der das Nachspielen biblischer Geschichten zu einem neuen, persönlichen Textverständnis führt. Heute lebt sie als Beraterin und Therapeutin in Hamburg.

Heidemarie Langer: Versteckte Geschenke – Kalendergeschichten von Advent bis Heilige Drei Könige. Luther-Verlag. 160 Seiten, 14,95 Euro.

Die Autorin zu Gast in St. Marien, Minden: Samstag, 5. Dezember, 18 Uhr: Motette mit Lesung aus „Versteckte Geschenke“. Sonntag, 6. Dezember, 10 Uhr: Predigt im Gottesdienst zum 2. Advent.