DÜSSELDORF – Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki und der rheinische Präses Manfred Rekowski haben dazu aufgerufen, einer Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken und mehr für den Zusammenhalt zu tun. Besonders die Integration der vielen Flüchtlinge sei „eine viel größere Herausforderung“, als bislang wahrgenommen werde, sagte Rekowski am Samstag beim Fest zum 70. Geburtstag des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Aber auch bei der Infrastruktur und im Bildungssystem gebe es noch Defizite, sagte der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland. In den Kindergärten fehlten Plätze, die Schulen im Lande seien „chronisch unterversorgt“ und auch die Inklusion habe man „noch nicht richtig hinbekommen“.
Der Präses mahnte die Handlungsfähigkeit des Staates an. Die anstehenden Aufgaben in den Bundesländern und im Bund seien „riesig“. Auch auf die beiden großen christlichen Kirchen kommt nach seiner Einschätzung viel Arbeit zur Sicherung des Zusammenhalts in der Gesellschaft zu.
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki rief die Christen dazu auf, an der Gestaltung von Politik und Gesellschaft mitzuwirken. „Wir müssen dazu beitragen, dass die Spaltung zwischen denen, die auf der Sonnenseite des Lebens stehen, und denen, die im Schatten sind, nicht größer wird“, sagte Woelki in einem ökumenischen Gottesdienst am zweiten Tag des Bürgerfestes zum NRW-Geburtstag. Als wichtige Themen nannte er Alters- und Kinderarmut, Bildungsgerechtigkeit und die Integration von Flüchtlingen.
Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) lobte das vielfältige Engagement der beiden großen christlichen Kirchen im Lande. „Ich erlebe Kirche als unglaublich konstruktiv und als tollen Partner“, sagte sie auf dem „Roten Sofa“ auf der Kirchenbühne. Sie freue sich besonders darüber, dass die Kirchen bei der Wertediskussion eine wichtige Rolle übernähmen.
Auch die stellvertretende NRW-Regierungschefin und Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) hob den Dialog und die gute Zusammenarbeit mit der evangelischen und katholischen Kirche hervor.
Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) würdigte die beiden großen Kirchen als „Mahner, Kritiker und Orientierungsgeber“. Sie warb am Sonntag zudem für eine Intensivierung der Ökumene. Das sei nicht zuletzt wegen der nach wie vor rückläufigen Mitgliederzahlen in beiden Kirchen notwendig für die Zukunft. „Die katholische Kirche hat hierbei ein paar Schritte mehr zu gehen als die evangelische Kirche“, sagte Gödecke.
Ökumene sei „immer auch eine Personenfrage, wie gut man es miteinander kann“, räumte der Theologische Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, Albert Henz, ein. Gerade in Nordrhein-Westfalen sei es mit drei evangelischen Landeskirchen (Rheinland, Westfalen, Lippe) und fünf Bistümern (Köln, Aachen, Essen, Münster, Paderborn) „nicht ganz so einfach“ mit der Ökumene.
Henz wies darauf hin, dass die Kirchen in Nordrhein-Westfalen „sehr präsent“ seien und gute Kontakte zu Politik, Wirtschaft und Verbänden pflegten. „Von der Politik werden wir als Kirche sogar stärker als früher gefragt“, sagte der Theologe. Er hob hervor, dass mehr als die Hälfte der Menschen in Nordrhein-Westfalen einer der beiden großen Kirchen angehört, ein weiteres Viertel einer anderen Religionsgemeinschaft. Mit rund 20 Prozent seien Menschen, die keiner Glaubensgemeinschaft angehören, immer noch in der Minderheit. „Manchmal lautstark, aber eben eine Minderheit“, sagte Henz weiter. epd
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Gute Partnerschaft
Bei der Feier zum 70. Geburtstag des Landes Nordrhein-Westfalen riefen evangelische und katholische Kirchenvertreter zu mehr Zusammenhalt auf