„Christen sind in Deutschland dabei, zu vergessen, was Jahrzehnte in der Friedens- und Konfliktforschung ausgearbeitet wurde“, befürchtet Pastor Matthias Jehsert aus Retzin in Mecklenburg-Vorpommern. Für ihn gehe die Unterscheidung zwischen dem, was existenziell für den Menschen ist, und dem, was der Mensch politisch auf der Erde gestalten könne, durcheinander. „Dabei brauchen wir uns nur zurückerinnern“, sagt er. Die Ökumenische Friedensdekade, die am Sonntag, 12. November, beginnt, sieht er als Chance.
Ökumenische Friedensdekade in der DDR entstanden
Die Bittgottesdienste sind 1980 im Kontext der „Konziliaren Bewegung für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ in der DDR entstanden. Die großen ökumenischen Versammlungen haben dieser Bewegung zu breiter Wirksamkeit verholfen. Vor über 30 Jahren spielten die Friedensgebete dann in der friedlichen Revolution 1989 eine wichtige Rolle, heißt es von der der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
So bezeichnen die christlichen Gemeinden im Süden von Pommern rund um Retzin ihre Wochen für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung seit über zehn Jahren auch als „Konziliare Wochen“. „Und sie beginnen schon am 9. November mit dem Gedenken an die Pogromnacht, erzählt Jehsert.

Motto der Friedensdekade in 2023 – “Sicher nicht – oder?”
„Sicher nicht – oder?“ ist das Motto der diesjährigen Friedensdekade. Damit wollen die Trägerorganisationen die aktuellen Verunsicherungen aufgreifen, die in Gesellschaft, Kirche und Politik zu spüren sind. Durch die Pandemie, kriegerische Auseinandersetzungen weltweit, die Energiekrise und den inflationsbedingten Kaufkraftverlust sowie durch die Folgen der menschengemachten Klimakrise seien viele Menschen verunsichert, was ihre Zukunftsperspektiven betrifft, heißt es von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, die die Friedensdekade mit organisiert. Bislang Selbstverständliches werde als nicht mehr sicher wahrgenommen.