Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, Millionen Deutsche waren es nach dem Zweiten Weltkrieg. In einer Gedenkstunde wird in Berlin daran erinnert, dass oftmals vor allem Frauen und Kinder betroffen sind.
In einer Gedenkstunde haben Politik, Gesellschaft und Vertriebenenvertreter insbesondere der weiblichen Opfer von Flucht und Vertreibung gedacht. Das Leid und die Lebensleistung der überwiegend Frauen und Kinder, die vor 80 Jahren während und nach dem Zweiten Weltkrieg aus den deutschen Ostgebieten flohen, sei in Deutschland viel zu lange viel zu wenig gesehen worden, erinnerte Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) in Berlin.
Aus der Geschichte deutscher Vertriebener lasse sich etwas für die Gegenwart mit Millionen Flüchtlingen lernen, so Prien. “Wir können auch aus der Lebensleistung der Vertriebenen erkennen, was helfen kann, solches Leid und Unrecht zu überwinden.” Was helfe, sei eine stärkende Gemeinschaft, etwa in Form von Verbänden. Beispielhaft nannte die Ministerin den Frauenverband, der sich 1959 im Bund der Vertriebenen gegründet habe.
Die Ministerin verwies darauf, dass allein 14 Millionen Menschen von der derzeit größten Flüchtlingskrise im Sudan betroffen seien – genauso viele wie während und nach dem Zweiten Weltkrieg aus den deutschen Ostgebieten hätten fliehen müssen. Auch im Sudan seien heute überwiegend Frauen und Kinder auf der Flucht.
Die Ehrenpräsidentin des Frauenverbandes im Bund der Vertriebenen, Maria Werthan, sagte, Aussiedler, Vertriebe und ihre Nachkommen brauchten das Vertrauen und die Anerkennung der gesamten Gesellschaft. Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten sei jedoch nicht im Bewusstsein verankert. Dabei bauten Vertriebene Brücken zu den Nachbarn in Europa. Versöhnungsgeschichten würden das Fundament schaffen für den Frieden, den alle, besonders die Menschen in der Ukraine und im Nahen Osten, brauchten.
Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa, die an der Gedenkstunde teilnahm, mahnte im Internet-Netzwerk LinkedIn dazu, nicht zu vergessen, wie viel Leid durch Flucht und Vertreibung Nazi-Deutschland im und nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland und Europa gebracht habe. Gerade Frauen seien von Entbehrungen und Erniedrigungen aller Art betroffen gewesen. Sie hätten unter der Trennung ihrer Familien gelitten. Leid und Not gebe es auch heute. “Die Trennung von Familien auf der Flucht bleibt ein besonders bitteres Schicksal”, schrieb Welskop-Deffaa. Familiennachzug zu erleichtern sollte daher eine humanitäre Selbstverständlichkeit sein.
Der Präsident des Bundes der Vertriebenen, Bernd Fabritius, sagte, gerade die Frauen unter den Vertriebenen seien von besonders unmenschlicher Härte betroffen gewesen. Massenhafte Vergewaltigungen seien schon damals und seien noch heute “keinesfalls Einzelfälle oder Zufallsgeschehen, sondern gezielt gesetzte Muster des Grauens”.
Die Traumata der Vertreibungen wirkten über Generationen hinweg, so Fabritius weiter. Man wolle das kollektive Schicksal der Opfer von Flucht und Vertreibung im Jahr 1945 als Teil der gesamtdeutschen Erinnerungskultur angemessen berücksichtigen. “Jeder Krieg, jede Vertreibung, jede ethnische Säuberung, gleichgültig wo, wann und mit welcher Begründung, waren und sind immer Verbrechen”, mahnte Fabritius.