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Faeser an Islamverbände: Mehr gegen Judenhass tun

Der Nahostkrieg überschattet die Deutsche Islamkonferenz. Neben Islamfeindlichkeit ist der Antisemitismus unter Muslimen zentrales Thema. Bundesinnenminister Faeser betonte: “Null Toleranz für Menschenfeindlichkeit”.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die großen Islamverbände in Deutschland zu stärkerem Engagement im Kampf gegen Antisemitismus unter Musliminnen und Muslimen aufgefordert. “Oft genügt ein Funke, damit aus Worten des Hasses Taten der Gewalt werden”, sagte Faeser bei der Fachtagung der Deutschen Islamkonferenz (DIK) am Dienstag in Berlin. Es reiche auch nicht, etwa eine Synagoge zu besuchen und sich dort gegen Judenfeindlichkeit zu erklären, “ohne dies in die Gemeinden hinein zu kommunizieren”, betonte die Ministerin. Der Staat müsse darauf vertrauen können, dass etwa bei Freitagspredigten in den Moscheen keine extremistischen Botschaften verbreitet werden.

Die DIK-Fachtagung am Dienstag und Mittwoch steht unter dem Motto: “Sozialer Frieden und demokratischer Zusammenhalt: Bekämpfung von Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit in Zeiten gesellschaftlicher Spaltung”. Hintergrund sind die judenfeindlichen Proteste vieler Musliminnen und Muslime seit Beginn des Nahostkonflikts. Die Sicherheit Israels sei deutsche Staatsraison, bekräftigte Faeser, und das Land habe das Recht, sich zur Wehr zu setzen. “Die furchtbaren Terrorattacken der Hamas kennen kein ‘Aber’. Denn dieser Terror verachtet alles, was wir an Werten haben.” Der Nahostkrieg dürfe nicht auf deutschen Straßen ausgetragen werden.

Islamverbände wie die türkisch-islamische Ditib oder der Zentralrat der Muslime hatten wegen ihrer zaghaften Distanzierung vom Hamas-Terror scharfe Kritik erregt.

Allerdings seien die meisten Muslime in Deutschland in der demokratischen Gesellschaft verwurzelt, so Faeser weiter. Die Ministerin ermutigte sie, ihre Stimme lauter für Toleranz und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu erheben. Deutschland sei ein Einwanderungsland, und zuvorderst ein Rechtsstaat, “an dem niemand rütteln darf”, sagte Faeser.

Deutlich wandte sie sich aber auch gegen Muslimfeindlichkeit. Jeder zweite Mensch in Deutschland stimme muslimfeindlichen Aussagen zu. Zudem könne Antisemitismus nicht mit Feindseligkeit gegen Muslime bekämpft werden, wie es Rechtspopulisten und Rechtsextremisten vorgäben. “Wir dürfen uns nicht spalten lassen”, so Faeser. Für 2024 kündigte sie verstärkte staatliche Maßnahmen zur Eindämmung von Muslimfeindlichkeit an wie eine bessere Dokumentation von Vorfällen und Anlaufstellen für betroffene Musliminnen und Muslime.

Die 2006 vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble gegründete Deutsche Islamkonferenz ist das zentrale Dialogforum zwischen Staat und Muslimen in Deutschland. Sie soll die religions- und gesellschaftspolitische Integration des Islam voranbringen. Wichtige Ergebnisse waren etwa die Einrichtung islamisch-theologischer Lehrstühle an deutschen Universitäten, Initiativen für Religionsunterricht an Schulen sowie für die Ausbildung von Imamen in Deutschland.

Zu den Teilnehmenden der DIK zählen die überwiegend konservativ ausgerichteten Islamverbände, die den Großteil der rund 2.800 Moscheen in Deutschland betreiben, aber auch liberale Muslime. Hinzu kommen Vertreter der Politik, Akteure des jüdischen Lebens, der Kirchen, aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft.

In Deutschland leben mindestens 5,5 Millionen Muslime, die überwiegende Mehrheit von ihnen bezeichnen sich laut einer Studie von 2020 als religiös. Knapp 40 Prozent von ihnen gaben an, die täglichen Pflichtgebete zu verrichten. Mit 45 Prozent aller Muslime in Deutschland stellen die Türkischstämmigen die größte Herkunftsgruppe.