In der Diskussion um eine gesetzliche Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen hält die Münchner Expertin Sabine Simon auch weitere Denkansätze für sinnvoll. „Es braucht unter anderem eine gute Aufklärung und einen kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln, zumindest für Frauen mit geringem Einkommen“, sagte die Leiterin der staatlich anerkannten Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen im Evangelischen Beratungszentrum München im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Da hat Deutschland einen Nachholbedarf.“
Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen gehe es ja nach eigenem Bekunden um den Schutz des ungeborenen Lebens – dass also mehr Frauen sich für ihr ungeborenes Baby entscheiden, sagte Simon. Und da zeigen Studien seit Jahren recht klar, dass eine gute Aufklärung und kostenlose Verhütungsmittel die Zahl der ungewollten Schwangerschaften verringern würde. „Verhütungsmittel, insbesondere die für Frauen, sind ja nicht gerade günstig“, sagte Simon. Und dennoch werde es, trotz der besten Prävention, immer ungeplante und unerwünschte Schwangerschaften geben.
Zugleich plädierte sie dafür, dass Schwangerschaftsabbrüche innerhalb der ersten zwölf oder 14 Wochen legalisiert werden. Schwangerschaftsabbrüche sollten nicht mehr als rechtswidrige und nur in Ausnahmefällen straffreie Straftat im Strafgesetzbuch definiert werden, sagte Simon. Am Montag will eine Kommission ihre Empfehlungen für die Bundesregierung vorstellen. Es wird erwartet, dass sie empfiehlt, Schwangerschaftsabbrüche im frühen Stadium zu legalisieren. Bislang sind Schwangerschaftsabbrüche im Strafgesetzbuch im umstrittenen Paragrafen 218 geregelt.
Eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen im frühen Stadium wäre eine richtige, zeitgemäße und angemessene Entscheidung, die nicht dazu führen würde, dass die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche steige, sagte Simon weiter. Vielen Frauen sei im Übrigen gar nicht bewusst, dass ein Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche bislang als Straftat gelte. Viele erführen erst bei der Pflichtberatung davon. „Nach meiner Erfahrung hat das aber auch noch keine Frau davon abgehalten, einen Abbruch vornehmen zu lassen.“
Eine Beratung von Frauen, die über einen Schwangerschaftsabbruch nachdenken, würde Simon aber weiter für sinnvoll halten. „Sollte eine Pflichtberatung wegfallen, dann sollte man sich klarmachen, dass einige Frauen durchs Raster fallen, und überlegen, wie man diese doch erreicht.“ Die Zahl der Abbrüche in Deutschland hat sich seit Jahren um die 100.000 pro Jahr eingependelt. In Bayern waren es im Jahr 2022 rund 12.500 Abbrüche. (00/1161/14.04.2024)