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Expertin: Eltern sollten mit Kindern über Rassismus sprechen

AfD-Zugewinne im ganzen Land, rassistische Vorfälle oder Übergriffe: Fremdenfeindlichkeit nehmen auch Kinder wahr oder erleben sie gar selbst. Deshalb sollte man darüber sprechen, sagt eine Expertin – auch vorsorglich.

Rassismus sollte nach Einschätzung einer Expertin nicht erst bei einem akuten Anlass mit Kindern thematisiert werden. “Es geht darum, darüber auch indirekt im Gespräch zu bleiben, indem man etwa Vielfalt als etwas Positives vermittelt”, sagte Selver Dogan von der Kinderrechtsorganisation “Save the Children Deutschland” der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Dabei sei es wichtig, als Erwachsener eine klare Haltung zu zeigen und Vorbild zu sein.

Es reiche nicht aus, in einem vielfältigen Umfeld aufzuwachsen. “Auch wenn Vielfalt dann vielleicht als selbstverständlicher wahrgenommen wird, braucht es die aktive Auseinandersetzung.” Dies könne auch über Bücher oder Spiele geschehen.

Falls das eigene Kind selbst etwas Rassistisches sage, sei es am wichtigsten, Ruhe zu bewahren und nicht zu schimpfen. “Es ist wahrscheinlich, dass Kinder so etwas irgendwann einmal äußern, wenn auch vielleicht nicht bewusst. Kinder wachsen ja in einer Gesellschaft auf, in der Rassismen reproduziert werden.”

Man sollte darüber reden, etwa fragen, wie es zu dieser Äußerung komme, empfahl Dogan. “Das gelingt am besten, indem man über Gerechtigkeit und Fairness spricht. Zum Beispiel fragt: ‘Wie würdest Du Dich fühlen, wenn man so etwas über Dich sagt oder Dich so behandelt? Wäre das nicht ungerecht?'” Auch biete es sich an, bestimmte Fragestellungen zusammen zu recherchieren, um etwa Vorurteile zu entkräften.

Falls das eigene Kind Opfer von rassistischen Äußerungen werde, sollte man ihm als Elternteil oder Lehrer signalisieren, dass man seine Sorgen und Ängste ernst nehme. “Man muss es stärken, mit solchen Situationen umzugehen und ihm auch zeigen, wie es sich wehren kann”, so Dogan. Wichtig seien dabei auch sichere Rückzugsräume und Kontakt zu anderen Kindern, die vielleicht auch Opfer von Rassismus geworden sind.

Dogan erklärte, grundsätzlich sei von beiden Seiten ein “Aufeinanderzukommen” wichtig, von Personen mit und ohne Migrationsgeschichte. “Die Verantwortung liegt aber bei den privilegierten Personen und nicht bei den Personen mit Rassismuserfahrung.” Es gelte, hier mehr Sensibilität und Empathie zu entwickeln.

Einer Studie von 2023 der Antirassismusbeauftragten der Bundesregierung zufolge hat mehr als jeder Fünfte in Deutschland schon einmal Rassismus am eigenen Leib erfahren. Bei einer EU-weiten Befragung zu Rassismus gegenüber Schwarzen schnitt Deutschland im Jahr 2023 am schlechtesten unter den 13 befragten Mitgliedsländern ab.