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Evangelische Kirche fordert Debatte über Raketen-Stationierung

Ab 2026 wollen die USA Marschflugkörper und Raketen in Deutschland stationieren. Die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs sieht das zwar als notwendig. Ebenso nötig sei aber eine Diskussion darüber.

Die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs
Die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrsepd-bild / Hans Scherhaufer

Aus der evangelischen Kirche gibt es Forderungen nach einer Debatte über die geplanten Stationierungen von US-Mittelstreckenwaffen. Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, sagte in Hannover, das Thema bewege viele Menschen und werde in Landtagswahlkämpfen zum Thema gemacht. Der Politologe und Studienleiter für Internationale Politik der Evangelischen Akademie Loccum, Thomas Müller-Färber, warnte, dass ohne öffentliche Kommunikation die Debatte mit Annahmen und Vermutungen gefüllt werde, zumal Russland mit Desinformation auf die Stationierung reagieren werde.

Sowohl Fehrs als auch Müller-Färber ließen Verständnis für die Notwendigkeit der Stationierung erkennen. Fehrs sagte unter Anspielung auf die Nato-Nachrüstung ab 1983, die Frage, ob neue Raketen mehr Sicherheit bringen, habe schon einmal das Land bewegt: „Doch damals wurde heftig gestritten, in Parlamenten und in den Medien, auch innerhalb unserer Kirche.“ Es gebe aber Unterschiede zu damals: „Die Situation hat sich auch für uns hier in Europa empfindlich verändert. Es geht nicht um Atomraketen. Und so bitter es ist: Putin ist nicht Gorbatschow.“

Fehrs: Stationierung von Mittelstreckenraketen muss zur Friedensförderung beitragen

„Eine Stationierung von Mittelstreckenraketen wäre aus friedensethischer Sicht nur dann verantwortbar, wenn sie zur Verhinderung von Gewalt und damit zur Friedensförderung beiträgt“, ergänzte sie. Die Ankündigung einer solchen Stationierung könne „nur triftig sein, wenn damit zugleich signalisiert wird, ernsthaft in Abrüstungs- oder Rüstungskontrollverhandlungen und so in eine neue Sicherheitsordnung einsteigen zu wollen“, sagte Fehrs.

Auch Müller-Färber warb für gleichzeitige Anstrengungen zu einer erneuten Rüstungskontrolle. Das sei aktuell aber schwierig zu erreichen, räumte er im Magazin „zeitzeichen“ ein.

Politologe und Studienleiter Müller-Färber: Nato hat eine Fähigkeitslücke

In die Entscheidung über die Stationierung der Waffen muss Müller-Färbers Worten zufolge das Eskalationsrisiko einberechnet werden, das „vermutlich gering, aber eben nicht Null“ sei. Dem Risiko seien die Kosten gegenüberzustellen, „die ein weiteres Leisetreten in puncto Mittelstreckenwaffen gegenüber Moskau zur Folge hätte“. Russland habe bereits heute viele Mittelstreckenwaffensysteme, die Nato habe hier eine Fähigkeitslücke. Ohne die Verstärkung der konventionellen Abschreckung könne Russland eher versucht sein, seine imperialistischen Ziele durchzusetzen. Eine Entscheidung gegen die Stationierung könne sich daher „nicht als friedensfördernd, sondern als friedensbedrohend erweisen“, sagte der Politologe.

Im Juli hatten die USA angekündigt, ab 2026 in Deutschland konventionell bewaffnete Tomahawk-Marschflugkörper und ballistische Raketen zu stationieren. Bei der Nato-Nachrüstung 1983 waren schon einmal Tomahawks in der Bundesrepublik stationiert, allerdings in einer atomaren Version. Heute geht es um konventionell bestückte Tomahawks und Raketen. 1987 schlossen die USA und die Sowjetunion den Vertrag zur Abrüstung aller atomaren Mittelstreckenwaffen (intermediate nuclear forces, INF). Das betraf auch die Tomahawks, die verschrottet wurden. Der INF-Vertrag ist allerdings seit 2019 nicht mehr gültig. Der damalige US-Präsident Donald Trump setzte ihn außer Kraft, nachdem Russland mit der Entwicklung von Mittelstreckenwaffen gegen ihn verstoßen hatte.