Das Mittelmeer ist zum tausendfachen Grab geworden für Flüchtlinge. Geschätzte 23 000 Opfer hat die Flüchtlingsabwehr der Europäischen Union in den letzten zehn Jahren gefordert. Ertrunken und verschwunden sind verzweifelte Menschen auf der Flucht vor Bürgerkrieg, Folterregimen und bitterer Armut, weil es keine legalen Wege für sie in die EU gibt.
Die Überlebenden sind nicht nur Italiens oder Griechenlands Flüchtlinge, auch wenn die „Dublin-III“-Verordnung dies unterstellt. Es sind Europas Flüchtlinge, auch Deutschlands. Die Evangelische Kirche von Westfalen und die Evangelische Kirche im Rheinland haben darum mit Abgeordneten aller Parteien des Landtages Nordrhein-Westfalen und mit Kirchenvertretern eine Informations- und Begegnungsreise nach Griechenland und Italien unternommen.
Griechenland ist mit der Situation überfordert
Anfangs war die Gruppe in zwei Teildelegationen aufgeteilt: Eine Gruppe besuchte Lampedusa und Sizilien, die andere Athen und Lesbos. Sie machten sehr unterschiedliche Erfahrungen: Die Rettung und Aufnahme von Bootsflüchtlingen in Italien schien gut organisiert. In Griechenland dagegen waren die Verantwortlichen bei Verwaltung, Polizei und Küstenwache auf Lesbos zwar alle sehr engagiert, jedoch von der Situation völlig überlastet. Über 1000 Flüchtlinge kommen derzeit täglich auf den griechischen Inseln vor der türkischen Küste an. Doch es gibt kein funktionierendes Aufnahmesystem und es kann aufgrund der drohenden Staatspleite auch nicht aufgebaut werden. Die Folge ist: Flüchtlinge wandern in Scharen obdachlos über die Insel, bis sie nach Inhaftierung und Registrierung ihre Flucht über Athen fortsetzen können. Doch auch in Italien herrschen nach der Erstaufnahme Knappheit an Unterbringungsplätzen und Mangelversorgung.
In Rom zu Abschlussgesprächen mit Politikern, NGO-Vertretern und der Waldensischen Kirche vereint, kamen beide Gruppen übereinstimmend zu dem Schluss, dass Europa – auch Deutschland – seine Verantwortung und Solidarität für die Flüchtlinge deutlicher wahrnehmen muss als bisher.