Norderstedt. Eigentlich ist Norderstedt ein trister Vorort im Norden von Hamburg. Geht es allerdings nach den örtlichen Muslimen, könnte dort schon bald eine spektakuläre Moschee entstehen. Auf dem Grundstück ihres jetzigen Gebetshauses in einer ehemaligen Gaststätte plant die zur Ditib gehörige Eyüp-Sultan-Gemeinde einen futuristischen Neubau: Die Fassade des quaderförmigen Hauptgebäudes besteht komplett aus Glas, ein Ausläufer der ebenfalls gläsernen Kuppel zieht sich bis zum Boden, und auf den Balkonen der beiden Minarette, wo in traditionellen Moscheen der Muezzin ruft, drehen sich vertikale Windräder für die Stromerzeugung. Weiter sollen ein Eisspeicher im Erdreich und eine intelligente Fassade den Energiehaushalt optimieren.
Der Hamburger Architekt Selcuk Ünyilmaz spricht von einem "weltweit einzigartigen Projekt". Auf seinen Grafiken wirkt das Gebäude gigantisch; gemessen an seiner Größe liegt es mit 1.800 Quadratmetern Nutzfläche und einem Gebetsraum für rund 300 Leute im Vergleich zu anderen Moscheen jedoch im Mittelfeld.
Bau kostet vier Millionen Euro
Die Planungen für das rund vier Millionen Euro teure Bauvorhabenlaufen bereits seit 2010. Warum die muslimische Gemeinde einen Neubau will, wird bei einem Besuch in der derzeitigen Moschee in einem Norderstedter Gewerbegebiet direkt an der Hamburger Stadtgrenze schnell klar. Das Haus ist baufällig und von außen kaum als Gotteshaus erkennbar. Außerdem ist das Gebäude viel zu klein für die wachsende Gemeinde: Beim Freitagsgebet finden viele Gläubige keinen Platz und müssen draußen stehen.
Doch nicht nur diese praktischen Erwägungen spielten eine Rolle: "Wir türkischstämmigen Muslime leben mittlerweile in der dritten oder vierten Generation in Norderstedt. Mit einem repräsentativen Gebäude wollen wir zeigen, dass wir hier angekommen sind", sagt Gemeinde-Sprecher Tahsin Cem. "Wir wollen ein Gebäude für die Zukunft schaffen." Dafür stehe beispielsweise auch der Einsatz erneuerbarer Energien.
Außerdem solle die neue Moschee zugleich Begegnungsstätte sein und einladend wirken – auch auf Nicht-Muslime, beispielsweise die Beschäftigten der umliegenden Betriebe. Neben dem Gebetsraum, der durch die Glasfassade von außen einsehbar ist, wird das Gebäude daher auch ein Cafe, einen Supermarkt sowie Schulungs- und Projekträume etwa für Frauen- und Jugendarbeit enthalten. Um die Offenheit der Gemeinde zu unterstreichen sollen Worte wie "Friede", "Reue" und "Glaube" in deutscher, englischer und arabischer Sprache an der Glasfassade prangen.