„Ich bin ein Robin Hood.“ So leitet Varkey George die Antwort auf die Frage ein, was sich hinter seiner Berufsbezeichnung Social Entrepreneur – also Sozialunternehmer – verbirgt. „Ich nehme so viel wie möglich von denen, die viel haben und gebe es weiter an jene, die weniger haben.“
George ist überzeugter Sozialunternehmer. Er lebt und arbeitet in Kapstadt, Südafrika – am Kap der Guten Hoffnung. Vielleicht strahlt er deshalb so unerschütterlich die Überzeugung aus, dass mit seinem innovativen Ansatz tatsächlich einige der aktuellen Herausforderungen auf Erden zu meistern sind. Im äußersten Süden des afrikanischen Kontinents hat er vor einigen Jahren an der University of Cape Town den Fachbereich Social Entrepreneurship aufgebaut.
Heute arbeitet er als Dozent zu diesem spannenden Thema an verschiedenen Universitäten im südlichen Afrika und in Europa. Zwischen Stellenbosch und Limpopo, Oslo und Antwerpen und mittlerweile auch im nordrhein-westfälischen Wuppertal unterrichtet er junge Menschen. Er fordert sie auf, marktwirtschaftliche Aktivitäten anders zu betrachten und mit ihrem Tun einen wesentlichen und positiven Wandel in unserer Gesellschaft anzustoßen.
Soziale Unternehmerinnen und Unternehmer verfolgen ihre Projekte zwar ebenso wirtschaftlich, dabei vernachlässigen sie jedoch weder die ökologischen noch die sozialen Aspekte ihres Handelns. Ihre Produktion und ihre Geschäfte sind nicht rein profitorientiert ausgerichtet. Sie wollen einen Beitrag zur Beseitigung der Ungleichheiten auf der Welt und zum Umweltschutz oder gegen den Klimawandel leisten.
Warum Menschen wie George und seine Denkweise für uns in der Entwicklungszusammenarbeit zunehmend von Bedeutung sind, beantwortet er am besten direkt selber: „Es braucht eine neue Philosophie, ein neues Denken – die Herausforderungen, die an Non-Profit-Organisationen gestellt werden, sind in den vergangenen Jahren gewachsen. Die aktuelle Förderlandschaft hat sich verändert. Deshalb macht es Sinn, über neue Wege der Finanzierung nachzudenken.“
In Kapstadt, im Stadtteil Khayelitsha, steht George in einem nicht enden wollenden Meer aus Häusern und Wellblechhütten am Rand der Metropole. Dort berät und begleitet er kleine Initiativen, die sich zunehmend unabhängig von finanzieller Hilfe aus dem In- oder Ausland machen. Eine Näherei setzt auf Upcycling gebrauchter Kleider und von Resten aus der Stoffproduktion. Der Verkaufsschlager sind Taschen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Konferenzen und Tagungen für ihr Workshopmaterial ausgehändigt bekommen.
George bringt die Akteure aus Südafrika mit jungen Studierenden aus der ganzen Welt zusammen. Gemeinsam entwickeln diese Tandems Ideen und Strategien, um die Non-Profit-Organisationen finanziell unabhängiger zu machen und ein eigenes Einkommen zu generieren. „Es ist immer wichtig, einen Teil des erwirtschafteten Geldes für die Löhne und die im Moment anstehenden Ausgaben zu verwenden – doch ein Teil des Gewinnes sollte zurückgelegt werden oder für langfristige Investitionen genutzt werden“, so George.
Die internationalen Studierenden lernen eine Menge bei diesen praktischen Seminaren. Finanziert werden diese über ihre Ausbildungseinrichtungen. Von dem, was übrig bleibt, ermöglicht George, der Robin Hood, südafrikanischen Kindern und Jugendlichen den Besuch einer Schule.
Über seine Arbeit und sein Anliegen spricht George auch in Deutschland. Zuletzt nahm er auf Einladung des Südafrika Forums NRW an Veranstaltungen teil, darunter an der diesjährigen Landeskonferenz des Eine Welt Netzes NRW in Münster.
„Start Up Africa“ lautete der Titel des Workshops, bei dem er als einer der Experten mitwirkte. Vor mehr als 30 Teilnehmenden beschrieb er seine Theorien des Wandels und des Social Entrepreneurships. Damit leitete er die Berichte einiger seiner ehemaligen Studierenden aus Wuppertal ein, die im Sommer 2018 vier Wochen in Südafrika verbracht hatten. Dort waren sie Teil der Tandem-Idee. In Münster konnten sie die vielfältigen Ergebnisse des Projekts ETAFENI, einem Aids-Zenrum für Kinder und deren Eltern in Kapstadt, vorstellen – beeindruckend kreativ.
Im Rahmen von ETAFENI wurde auch ein Garten angelegt und dient nun zur Versorgung der Menschen vor Ort. Auch die internationale Netzwerkinitiative Sevengardens wurde in dem Workshop präsentiert. In diesem Projekt werden aus Pflanzenmaterial ganz nach traditionellem Wissen umweltfreundliche, gesundheitsverträgliche und kostengünstige Farben gewonnen, die für verschiedene Arten des Kunsthandwerks und Textilgewerbe geeignet sind. So arbeitet beispielsweise ein junger Kollege in Free State, einer Provinz Südafrikas, an seinem eigenen T-Shirt-Label mit Sevengardens-Farben. Die Idee nun ist: Es soll einen ersten gemeinsamen Workshop am Kap der Guten Hoffnung in naher Zukunft geben.